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Titelaufnahme

Titel
Dit is dat boeck vanden pelgrim welck boeck nuttich ende profitelick is allen kersten menschen te leren den wech welcken wech men sculdich is te ghaen of te laten, die haer pelgrimagie doen moeten in deser warelt tot dē ewighē leven
Weitere Titel
Dat boeck van den pelgrim
Einheitssachtitel
Le Pèlerinage de la Vie Humaine <niederländ.>
VerfasserGuillaume <de Déguileville>
Erschienen[Delft] : [Hendrik Eckert], 1498
Umfang / Format130 [Bl.] : Ill
SpracheNiederländisch
Bibliographische QuelleSTCN
Anmerkung
Bibliogr. Nachweis: GW 11852
Auch als elektronisches Dokument vorhanden
Kolophon: En̄ is gheprint te Delf In Hollant. By mi heynrick Eckert van Homberch. Int iaer ons heeren. M. CCCC.xcviii. Den vijfsten dach van april.
GattungsbegriffVerserzählung
Online-Ausgabe
Halle, Saale : Bibliothek der Franckeschen Stiftungen, 2015
URNurn:nbn:de:gbv:ha33-1-23176 
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Guillaume de Digulleville: Le Pèlerinage de la Vie Humaine [nl.]. Delft: Hendrik Eckert, 5. April 1498

Signatur: 44 E 12 (1)

Der Autor Guillaume de Digulleville und seine Dichtung

Über den Autor der Dichtung, Guillaume de Digulleville, ist nicht viel bekannt. Seine profunden Kenntnisse der Theologie, Philosophie und Geschichte, die in sein Werk Eingang gefunden haben, lassen auf ein Studium in Paris schließen. Als Prior der Zisterzienserabtei von Chaalis (Oise) unweit von Senlis verfasste er zwischen 1330 und 1332 den ersten Teil seines literarischen Werks über die Pilgerschaft des Menschen auf Erden und seinen Kampf gegen die Sünde, "Le pèlerinage de la vie humaine". Die Dichtung, die 13.540 Verse umfasst, ist in vier Bücher eingeteilt, die den Lesestoff zum Vorlesen geeignet machen. Der Autor revidierte und erweiterte den Text 1355 und ergänzte ihn um zwei weitere Teile, "Le pèlerinage de l´âme" und "Le pèlerinage de Jésus Christ". Popularität und Erfolg der ersten beiden Teile der Dichtung beweisen zahlreiche erhaltene Handschriften und Drucke, deren Verbreitung im 15. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Danach geriet die Dichtung allmählich in Vergessenheit, bis 1893-97 J.J. Stürzinger die Herausgabe der gesamten Trilogie für den Roxburghe Club in London unternahm. Daneben erschienen Textausgaben einzelner Manuskripte bzw. Textversionen der Dichtung In den letzten Jahren erfuhr der Text eine Art "Renaissance", wie die Veröffentlichung der Illustrationen der Heidelberger Handschrift von Rosemarie Bergmann 1983 und die der Pariser Handschrift aus der Bibliothek Sainte-Geneviève von Paule Amblard 1998 zeigen.

Der Inhalt der "Pèlerinage de la vie humaine"

Die Dichtung beginnt mit einer Traumvision: Der Dichter erblickt das himmlische Jerusalem in einem Spiegel. Diese Vision motiviert seine Dichtung. Das himmlische Jerusalem erscheint ihm das Ziel der Pilgerschaft auf Erden. In seiner Dichtung zeichnet er den Weg des Lebens, die Wanderschaft auf Erden, nach und versteht sich damit selbst als Pilger oder Wanderer auf Erden. Als erstes begegnet dem Pilger eine schöne, bekrönte Dame, die Gottes Gnade, die ihm unentbehrlicher Beistand auf der bevorstehenden Wanderschaft ist. Sie führt ihn zu ihrem Haus, der christlichen Kirche, und macht ihn sowohl mit den Sakramenten der Kirche - Taufe, Firmung, Beichte, Eheschließung, Priesterweihe und Abendmahl - als auch mit den christlichen Tugenden bekannt. Die Tugenden treten als Personifikationen von Buße, Barmherzigkeit, Weisheit, Vernunft und Natur auf.

Um den Pilger vor den Gefahren seiner Wanderung zu schützen, stattet ihn Gottes Gnade mit einer Pilgertasche und einem Pilgerstab aus und übergibt ihm eine Ritterrüstung. Sie klärt ihn darüber auf, dass er die Pilgertasche, die für den Glauben steht, und den Pilgerstab, der Hoffnung bedeutet, nicht verlieren dürfe. Glaube und Hoffnung als theologische Tugenden werden ergänzt durch die moralischen oder Kardinaltugenden, die in der Ritterrüstung repräsentiert sind. Das Panzerhemd steht für die Tapferkeit, der Helm für die Mäßigkeit, das Schwert für die Gerechtigkeit und der Schild für die Klugheit. Hinzu kommt das Wams, das Geduld symbolisiert. Nachdem der Pilger die Rüstung an- und dann wieder abgelegt hat, weil ihm ihr Tragen zu beschwerlich ist, rügt Gottes Gnade den Schwächling und gibt ihm eine junge Frau, die Memorie, hilfreich zur Seite, die ihn auf seiner Wanderschaft begleiten wird.

Ohne den Schutz der Rüstung und die Begleitung von Gottes Gnade gerät der Pilger bald in Schwierigkeiten. Zunächst macht ihm ein roher Geselle, genannt Rude Entendement, Angst, der aber rasch von der Frau Vernunft vertrieben wird. Die Vernunft lehrt den Pilger, dass der Körper ohne Seele schwach und sein Todfeind ist, indem sie für kurze Zeit seine Seele aus dem Körper entlässt. Kurz danach gelangt der Pilger, begleitet von der Memorie, an eine Weggabelung, an der er sich entscheiden muss, ob er den rechten Weg, an dem ein fleißiger Mattenflechter arbeitet, oder ob er den linken Weg nehmen soll, an dem das schöne Fräulein Müßiggang steht und mit ihrem Handschuh winkt. Sie verführt ihn dazu, den falschen Weg zu wählen, der von dem richtigen durch die Dornenhecke der Reue getrennt ist. Dann begegnen dem Pilger nacheinander die Personifikationen der sieben Todsünden, die ihn bedrängen und angreifen. Nachdem er es noch geschafft hat, sich aus den Verstrickungen von Trägheit, Stolz, Neid und Zorn zu befreien, trifft er auf Geiz mit sechs raffenden Händen und heraushängender Zunge als Symbol für den Meineid. Als noch Völlerei und Unkeuschheit, auf einem Schwein reitend, hinzukommen, fallen alle Laster über den armen Pilger her und rauben ihm den Pilgerstab der Hoffnung.

Rettend greift Gottes Gnade in das Geschehen ein und gibt dem armen entkräfteten Pilger den Pilgerstab aus den Wolken zurück. Sie führt ihn zu einem Felsen, aus dem Tränen der Reue in einen Zuber fallen. Sie gehören den Hartherzigen, die wie der Pilger den rechten Weg verlassen haben. Nachdem der Pilger in dem Zuber gebadet hat, trifft er auf die stärkste Heimsuchung, auf Satan in der Gestalt eines hässlichen Tieres. Satan sitzt an einem großen, wilden Meer, in dem Männer und Frauen schwimmen, und fischt mit seinem Netz nach den Sündern. Ihm zur Seite ist seine Tochter, die Ketzerei, die der Pilger aber mit seinem Stab vertreiben kann. Danach wird der Pilger von der gefiederten Jugend über das Wasser getragen und von der Trübsal heimgesucht. In tiefster Not ruft er Gottes Gnade um Hilfe: Sie führt ihn auf das Schiff der Religion, dessen Räume die eines Klosters sind. Nach eingehender Prüfung gewährt der Torwächter Gottesfurcht dem Pilger Einlass in das Kloster. Dort lernt er zunächst die monastischen Tugenden Caritas, Freiwillige Armut, Keuschheit, Disziplin, Gehorsam, Lehre-Studium, Mäßigkeit, Gebet und Gotteslob kennen und danach Alter, Krankheit und Barmherzigkeit. Schließlich macht ihn Gottes Gnade mit dem Tod bekannt, der mit einer Sense die Seele des Pilgers von seinem Körper trennen will. In diesem Augenblick hört der Pilger bzw. Dichter die Glocken der Klosterkirche, wacht auf und beschließt, seinen Traum aufzuschreiben.

Literaturangaben

Amblard, Paule: Le Pèlerinage de Vie Humaine. Le songe très chrétien de l´abbé Guillaume de Digulleville. Ouvrage réalisé à partir du manuscrit 1130 de la bibliothèque Sainte-Geneviève à Paris. Paris 1998.

Bergmann, Rosemarie: Die Pilgerfahrt zum himmlischen Jerusalem. Ein allegorisches Gedicht des Spätmittelalters aus der Heidelberger Bilderhandschrift Cod. Pal. Lat. 1969 "Pèlerinage de vie humaine" des Guillaume de Déguileville. Wiesbaden 1983.

Guillaume de Deguileville. Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs. Farbmikrofiche-Ed. der Hs. Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. germ. 18. Mit einer Einf. v. Ulrike Bodemann. München 1998 (Codices illuminati medii aevi; 53).

Klosterberg, Brigitte: Das Buch von dem Pilger (1498). Eine Bildergeschichte aus der Inkunabelzeit. In: Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie 161 (2001) S. 50-57.

Klosterberg, Brigitte: Das Leben - eine sündenbedrohte Wanderung. Eine mittelalterliche französische Dichtung, erzählt nach den Bildern eines niederländischen Drucks aus dem Jahr 1498. In: Engagement. Zeitschrift für Erziehung und Schule (2001) 3 S. 212-222.

Guillaume de Deguileville: Le pelerinage de vie humaine. Hrsg. v. J[akob] J. Stürzinger. London 1893. Die anderen Teile der Dichtung erschienen 1895 und 1897.

Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs. Aus der Berleburger Handschrift. Hrsg. v. Aloys Bömer. Berlin 1915 (= Deutsche Texte des Mittelalters; 25).

Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs. Nach der Kölner Handschrift. Hrsg. v. Adriaan Meijboom. Bonn/Leipzig 1926 (= Rheinische Beiträge und Hülfsbücher zur germanischen Philologie und Volkskunde; 10).

The pilgrimage of the lyfe of the manhode. Transl. anonymously into prose from the first recension of Guillaume de Deguileville´s poem Le pèlerinage de la vie humaine. Ed. by Avril Henry. London [u.a.] 1985.

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