Pr. d. 16. Dec. 1802
 
Hochwürdiger Herr Doctor!
 
Ew. Hochwürd. gütige Versicherung, daß ich mich im Vertrauen an Sie wenden könnte, die
goldene Vorrede zu dem 55. Stück der neuern MissionsGeschichte, die meines Lobes zwar
nicht bedarf, doch preise ich dem HErrn in der Stille dafür, sie erinnert mich noch an die
liebreichen Unterredungen des sel. Dr. Schultze, und die glückliche Ankunft der Kiste mit
Bibeln und Gesangbüchern, welche wir bedurften, die Artzeney, die man mit Sehnsucht erwar-
tete, die auch schon manches erspriesliche durch Gottes Segen gewürcket hat, sind gegründete
Ursachen die mich auffodern wieder an Sie zu schreiben, wie ich auch hoffe, daß meine
vorigen Briefe werden richtig angekommen seyn.   In dem Briefe von Ew. Hochwürd.
den ich im Herbst 1800 erhielt hatte ich eine Stelle nicht so verstanden, wie sie zu nehmen
war, und hoffe gütige Nachsicht zu erhalten. Da ich glaubte, daß die Herren Missionarien so viele
Briefe und reichhaltige Tagebücher nach Europa übersendeten, und daß kaum von Amerika gegen-
wärtig etwas zu erwarten seyn würde, weil sich seit der Unabhängigkeit dieser Staaten auch
solche Veränderungen zeigten, die alle künftige Verbindung aufzuheben schienen, so wußte
ich nicht daß Auszüge aus meinen Briefen als ein Anfang zum 56. Stück der neuern Missions-
Geschichte wären hinzugesetzt worden. Ich verstand es von solchen Nachrichten, die ich in meiner
gegenwärtigen Lage nicht sammlen kann, weil ich kein Vermögen besitze zu reisen, wo man
alles Merkwürdige aufzeichnet, dann habe ich auch gar keine Unterstützung von irgend einem Ort
oder Gesellschaft zu erwarten, und bin gleichsam hirher geworffen und mir selbst überlassen.
Doch preise ich dem HErrn in tiefer Demuth, daß Er mich so gnädig beschützet und erhalten hat.
Was hier geschieht mit weniger Ausnahme wäre zu gemein, als daß es in Deutschland irgend
jemand aufmerksam machen könnte. Ein Tagebuch halte ich wohl, wie auch die Briefe an
meine in Jesu theuer geachteten Brüder in Deutschland davon zeugen können, wo ich alles in
die Kürtze zusammen ziehe, und nur Anzeigen (hints) gebe, die zum weitern Nachdencken
und Gebeth veranlassen sollen. Dis schien vor einigen Jahren meinen theuren Freund Herrn
Karg in Nürnberg nicht unangenehm zu seyn, er ermunterte mich auch so fortzufahren.
Was im Druck erscheinen soll, dachte ich muß alles genau erwogen, und fast jedes Wort
sorgfältig geprüft //werden//, daß auch Widriggesinnte nichts mit recht darwider einwenden können,
ob man es ihnen gleich nie recht machen wird. Kann es doch Gott den armen ErdenWürmern
nicht recht machen. Sie pflegen immer Zweifel auf Zweifel zu häuffen. Der die Ver-
heissung gegeben hat, siehe, ich bin bey euch alle Tage bis an der Welt Ende, ist noch mächtig genug,
die wohlthätige Mission zu erhalten und zu beschützen. Gebeth und Glaube können wunder
Sr. Hochwürd. dem Herrn Dr. Knapp.