praes. d. 24. März 1805
resp. d. 4. t Jul.
In Christo geliebter Bruder!
 
Dieses nun bald zurückgelegte Jahr war eines der merckwürdigsten, die ich hier in Georgien
erlebt habe. In der Nacht da das vorige sich endigte stürmte donnerte und leuchtete es, doch an ei-
nem Ort mehr, als an dem andern. Der Winter war erträglich, er ist hier das, was in Deutschland
Herbst ist, selten fällt Schnee. Im Frühjahr richteten Windwirbel an den Orten, wo sie mit ihrer
Gewalt durchdrangen, fürchterliche Verwüstungen an. Ach! wie hat man immerdar Gott zu bitten,
solche zerstörende Winde abzuwenden oder die Barmhertzigkeit zu erzeigen, daß man bei solchen ausser-
ordentlichen Vorfällen doch selig aus der Zeit gehen möge. Bleiben Menschen in solchen gefahrvollen
Umständen noch am Leben, so bleiben sie doch Zeit ihres Lebens Krüppel wie man bei Augusta solche
verunglückte Leute jetzt findet. Nach Süden oder den Spanischen Gräntzen wurden die Häuser und alle
Bäume weggerissen, und Menschen und Vieh getödet. Im Juny hagelte und schloste es zweymal
sehr heftig wo die Donnerwetter zu der nehmlichen Zeit hintraffen, da waren sie überaus starck.
Einige mahl waren wir hier in EbenEzer in nicht geringer Besorgnis wegen heftiger Winde, sie halten
nicht lange an, sind aber desto gefährlicher je geschwinder sie mit ihrer Gewalt durchbrechen. Die Striche
welche sie durchdringen, sind nicht so gar gros. So sahe ich selbst im Juny einmal in der Entfernung
schwartze fürchterliche Wolken und hörte ein schräckenvolles Brausen in der Luft. Es gieng aber bald
vorüber und nahe vor EbenEzer vorbey wovon man im Walde die Zeichen an den niedergerissenen Bäu-
men sahe. Im August war es drückend heiß und schwül wegen des beständigen RegenWetters, daher
waren auch die DonnerWetter da fast am stärcksten. Sie sind eine wahre Wohlthat weil sonst wo
sie aussen blieben in diesem heisen Clima schwere Kranckheiten entstehen würden. Ein SchreckensTag
war der 8. Sept. h. a. und die Nacht noch schräckenvoller. Schon in der Nacht vorher stürmte es heftig,
und in Savannah war man deswegen in nicht geringer Bestürtzung. Den 7. Septbr. ward ein fürchter-
liches Brausen der See von weiten gehört am hellen Tage. Den 8. früh schien sich der Sturm et-
was legen zu wollen, aber zwischen 9 und 10 Uhr am Vormittag da ich mich zum Sonntag vorbereiten
wollte, fieng es auf einmal wieder an zu stürmen, es währte nicht nur den gantzen Tag hindurch ohne
Aufhören, in der Nacht wurden die Windstöße noch heftiger. Der Wind war N. to N. E. Zwischen
4 und 5 Uhr nachmittags hatte der Sturm seine höchste Gewalt erreicht, hierzu kamen noch unauf-
hörliche Regengüsse. Schon am Tage wurden eine Anzahl Neger auf einem Eylande bei Savan-
nah nebst einigen weisen Leuten von den grausam tobenden Wellen verschlungen. Sie schrien kläg-
lich um Hülffe, sie konnten aber keine erhalten. In der Nacht wo die Noth weit gröser als am Tage
war, ergoß sich Trost und Licht in meine Seele. Um Mitternacht da alle die Meinigen schliefen,
vom TagesSchrecken ermattet, legte ich mich auch zur Ruhe, da ich mich vorher durch labungsvolle Worte
aus den Psalmen Davids und andern Stellen der Heiligen Schrift aufgerichtet hatte. Es sind noch nach
Mitternacht einige heftige Windstöße gehört worden, ich habe wohl etwas davon gemerckt, doch
war ich so müde, daß ich mich des Schlafs nicht enthalten konnte. Ich ward genöthiget den 7. Sept.
mir eine Ader öffnen zu lassen weil ich 4 Wochen lang bisweilen heftige Hauptschmertzen empfand,
und ein beständiges Sausen und Klingen im rechten Ohr, daß ich glaubte ich würde Schaden am Ge-
hör leiden, und dieser Umstand war mit Ursache der Ermattung. Am Tage da ich mit den Meinigen
zum HErrn bethete standt ich gestärckt wieder auf. Vor TagesAnbruch des 9. Septbr. geschahe noch
der härteste Windstoß, dann drehete und änderte sich der Wind. Ein Trustee Mister Gotthilf Smith war
mit dem Captain Kogler am Tage des wütenden Orkans in Ebenezer Trustee Versammlung zu halten.
Die übrigen 7 konnten wegen häufigen Fallen der Bäume nicht kommen. Dieser hatte den Windstoß
gehört. G. Smith wohnt 20 Meilen von EbenEzer und konnte die gantze Nacht wegen seiner Familie, die
ebenfalls in groser Gefahr war, nicht ruhen. Am Tage gieng die Glocke von //ihr// sich selbst auf dem kleinen
Kirchthurm. Am Abend und in der Nacht gieng sie wieder zweymal sehr regelmäßig, ich glaubte der
kleine Thurm wäre von den stürmenden Winden abgerissen worden. Doch konnte man wegen der
gar zu grosen Finsternis und beständigen Regengüssen nicht sehen. In Savannah und auf den Ey-
landen bey und unter der Stadt wütete der Sturm noch weit heftiger, und der Verlust welchen die Kauf-
leute und Pflanzer erlitten, ist überaus gros. Die Baumwolle und FeldFrüchte wurden durch das Saltz-
Wasser verderbt. Vor dem Sturm thaten die Caterpillars (Raupen) grosen Schaden in der Baumwolle, durch
den Sturm war sie weggeblasen worden, der Schade vergröserte sich dadurch noch mehr. Georgien und Süd-
carolina hat dadurch vielen Verlust erlitten. Die Pflantzer nach den Spanischen haben noch mehr gelitten
alle Frucht und Baumwolle verlohren sie, und auf den Eylanden nach Süden sind auch viele Neger er-
truncken, die sich noch erhalten haben müssen nun hungern und darben. Meister und Sclaven haben
hier gleiches Schicksal. Man mag hier Hos. 2, 8 sqq. in Betrachtung ziehen. Ein Mann auf einem Eylande ver-
lohr in den Wellen 3 Kinder sein Weib rettete er noch, aber das noch säugende Kind muste ertrinken.