EbenEzer in Georgien
den 24. August
1790.
pr. den 16ten May 1791
Hochwürdiger und Hochgelahrter
Herr Doctor!
 
Meine jetzige Lage fodert mich auf wieder einmal aus dem
zerrütteten EbenEzer an Ew. Hochwürd. zu schreiben. So sehr ich
nun wünschte einmal angenehmere Nachrichten wie bisher liefern zu
können, so unmöglich ist es mir von der reinen Wahrheit abzuweichen.
Wenn man gleich einmal die beste Hofnung hat, daß sich die betrübten
Umstände ändern möchten, so wird sie doch durch diese und jene Zufälle,
welche man nicht vorher sehen konnte, wieder vernichtet. Vor nun bald
zwei Jahren glaubte ich gäntzlich, daß sich die Deutschen zu einer zahl-
reichen Gemeinschaft versammlen würden, weil sich bei manchen eine
Lehrbegierde äußerte, das heilvolle Evangelium Jesu Christi zu hören; allein
jetzt fängt sich die Gemeine wieder an zu zerstreuen. Manche gehen weiter
wegen der Nahrung in den Wald hinein, und lassen sich 8, 10, 15 und noch
mehr englische Meilen nieder. Manche thun es auch in der üblen Absicht,
um keine Beyträge zur Kirche und Schule zu entrichten, nöthig zu haben.
Die Jugend äußert jetzt auch wenig Lust zur deutschen Sprache. Es will
alles englisch werden. Es zu verhindern steth in meinen Kräften nicht. Die
englische Sprache ist zum Fortkommen, unumgänglich nöthig. Das Deutsche läßt
sich nicht erhalten, weil die Jugend weder deutsch Schreiben und Rechnen lernt,
noch sich gehörig unterrichten läßt. Unter den Erwachsenen ja so gar alten
Leuten findet sich die gröste Unwissenheit in göttlichen Dingen. Manche haben
so gar das Lesen verlernt. Am Krankenbette habe ich die beste Gelegenheit,
die Menschen kennen zu lernen. Meine Besuche stelle ich zu der Zeit an, wo
sie mich nicht vermuthen. Käme ich allemal zu einer gewissen und bestimmten
Zeit, so würde ich sie nie auf der rechten Seiten kennen lernen, da die Ver-
stellung gar zu gros ist, einen Beweis davon geben die vergangenen Zeiten ab.