Fortsetzung.1
Die in Ebenezer errichtete Deutsch-englische Schule wird fortgesetzt, die KirchenVorsteher
setzten eine kleine SchulOrdnung auf, die sie mir am NeuJahrsTage (1803) zeigten. Sie wird
noch ein wenig gebessert werden. Wir giengen mit Gebeth auseinander. Meine seligen Vorfahren
wenn sie die GemeinGlieder besuchten, betheten (allemal) mit den Leuten wenn sie wieder heim-
giengen. Manche Alte die nun in Friede ruhen erzählten mir es mit einiger Hertzen Bewegung
und Thränen, und seufzsten über das gegenwärtige Geschlecht. Es würde gut seyn, wenn die verschrie-
benen Bücher und Artzeney bald abgeschickt werden könnten. //John// Martin Dasher Senior liegt jetzt
an der Auszehrung krank darnieder. Der selige Boltzius wird an jenem Tage wider ihm zeugen,
wenn ihm nicht noch Barmhertzigkeit widerfährt. Im Kriege ermordete er Menschen, nahm ihnen
das Geld ab, und nach dem Kriege erschoß er wieder 3 Männer. Er ist ein greulicher Feind der
Wahrheit, er begegnet mir zwar freundlich, sonst hält er aber eben das von den Predigern des Evan-
gelii, was Thomas Paine und seine Anhänger von ihnen halten. Doch ist er und sein Sohn begierig Artzeney
von Halle zu erhalten. Was ich von den englischen Baptisten schrieb, ist durchaus nicht von der gantzen Deno-
mination in Engelland, Holland und Amerika zu verstehen. //Nur von einzelnen Gliedern hier in Georgien.// Das könnte ich ihnen aber unter die Augen sagen, //wenn
es möglich wäre// was ich von denen, die in meiner Nachbarschaft leben, berichte. Es hat seinen guten Grund warum sie in
Georgien so zunehmen. In manchen Counties sind gar keine Prediger von andern Abtheilungen. Daher
treten manche Pflantzer auf und predigen. Das Volck ist unwissend, und fällt ihnen zu. Weil diejenigen
welche in ihrer Kindheit entweder in der Bischöflichen oder Presbyterianer Kirche getauft worden sind, ge-
meiniglich ein unordentliches Leben führen, und an den Pflantzern etwas besseres wahrnehmen als an den
Predigern der Bischöflichen Kirche; so machen ihre Predigten Eindruck. Nur sollen manche Baptist und Methodist
Prediger so heftig schreyen, daß diejenigen die sie hören seh//r// erschrecken, und auch mit anfangen zu schreyen.
Der Engelländer macht überhaupt mehr äusserliche Bewegungen, als der stille Deutsche. Aber mit Fanaticismus
um sich herum zu werffen, würde Versündigung seyn. Manche spotten, und manche klagen und seufzen, diese sind
doch wohl besser daran. Es sind auch immer //3, 4, 5// Prediger beieinander. Hier ist immer Abwechslung, in den grossen Ver-
sammlungen kommen viele Prediger zusammen. Das ist hier in diesen Staaten gewöhnlich unter freyem Himmel
zu predigen. So ist es auch in Engelland. Wollte Gott, es käme auch in Deutschland und andern Ländern darzu.
Es ruhet ein großer Segen darauf. – Die Bischöfliche Kirche hat im gantzen Staat Georgien keinen Prediger
mehr. Bis jetzt haben sie in Savannah noch keine Kirche. Das Holtz darzu liegt da und muß verfaulen, und von den zum
Kirchenbau gebrannten Steinen macht man noch keinen Gebrauch. Die Gentlemen behalten lieber das Geld in ihren Taschen.
Die Bischöfliche Kirche in Savannah ist sehr reich, kann sich von ihren Capitalen und Interessen erhalten. Die übri-
gen Kirchen musten durch Subscriptionen und wohlthätige Geldsammlungen gebauet werden. In Augusta war einige
Jahr her ein Episcopal Minister, der ist jetzt ein Lawyer. Die Methodisten finden großen Eingang jetzt in jenem
Orte. Vorher war es sehr wild, jetzt gehen die Leute in sich und schreyen um die Rättung ihrer Seelen. Nach
Wilks County konnte ich nicht kommen, im Frühlinge 1802 waren die Measles (Masern) in Savannah, EbenEzer
und Südcarolina, manche Kinder und Neger starben daran, und meine Gattin schien ihrem Ende nahe zu seyn,
//sie// ward aber durch Gottes Macht erhalten, doch war sie nicht an den Masern krank, ihr linker Fuß war
geschwollen, und die Schwulst trat nach dem Hertzen zu. Ein geringes Mittel minderte die Schmertzen.
Ein großes Stück blau Pappier worein der weiße Zucker gewicklet wird, ward gebraucht und mit Honig
bestrichen ward es auf den Fuß gelegt, gleich ward Linderung gespürt. Dann brauchte ich roth Pulver mit
dem SchärfPulver vermischt, und Essentia dulcis so ward die Krankheit gehoben. Im Herbst des vori-
gen Jahres, kam eine alte Wittwe Mistress Helvensteine 10 Meilen von EbenEzer zu mir, sie wohnt
in Gosen ist 79 Jahr alt, und hatte im Frühjahre auch die Masern. Es ist wunderbar, daß dieses Weib
ein so hohes Alter erreicht, und viele und große Noth in ihrem Leben erfahren hat. Ihr Mann
war 84 Jahr alt und gieng im Jahr 90 zwischen Weinachten und dem Neuen Jahr 91 aus der Zeit. Die
Leute hielten ihn für einen Separatisten. Das war er nicht, ich besuchte ihn einige mahl, er war re-
formirt, laß aber fleißig in der Bibel des sel. Arndts Christenthum, und in Luthers Schriften,
in den Auszügen die der sel. Superintendent Lindner besorgt hat. Er schickte einmal zu mir, da
er an einer schmertzhaften Krankheit darnieder lag, und ließ mich bitten seiner im Gebeth vor
dem GnadenThron zu gedencken. Als die Streitigkeiten in EbenEzer unter den Predigern waren, gieng
er nicht mehr in die Kirche in Gosen. Er hatte einmal das Abendmahl bey Herr Rabenhorst empfan-
gen. Er sagte mir, daß ers treu gemeint hätte. Aber an den übrigen Leuten hätte er keine Besse-
rung gesehen, sie hätten nur das Abendmahl gebraucht sich in ihrer Sicherheit noch mehr zu bestärcken.
Er hätte dann nicht mehr hinzu gehen können. Er hatte es auch vor seinem Ende ausgemacht, daß ich
ihn zu seiner Ruhestätte auf seiner Plantage begleiten sollte. Er empfieng mich allemahl sehr freund-
lich, weil ich bisweilen, da ich noch in Gosen predigte, ihn unvermoutet überraschte, da fand ich ihn immer
über den angezeigten Büchern. Er war wohl etwas wunderlich, doch war er ohne falsch, und redlich.

  1. Der Anfang des Briefs befindet sich vermutlich unter der Signatur AFSt/M 5 B 4 : 29