HochEhrwürdiger, Hochgelahrter,
Im Herrn sehr theurer und werther Herr Senior,
 
Wie groß unser Verlangen gewesen, nach dem Willen und
Rath Eurer HochEhrwürden nach London zu reisen, und was sich dagegen
in Rotterdam vor Schwierigkeiten und Hindernisse ereignet, wird der
liebe Herr Schumacher bereits mit mehrern referiret haben. Und obgleich
der Herr Commissarius kurtz vor Abgang unsers Schiffs in Rotterdam
noch einmal ordre bekam, mit Einem von uns sich nach gedachten
Londen zu begeben, wir ihm auch die Nothwendigkeit dieser Reise gründ-
lich und zulänglich vorgestellt haben, so sind wir doch unsers Wun-
sches nicht theihaftig worden. Doch sehen wir hirbey nicht auf
Menschen, sondern auf die Hand des himmlischen Vaters, der
es auch hierin mit uns wohl gemacht, wie wir zur Beruhigung
unsers Gemüths a posteriori sattsam erkannt haben. Wir
haben in der Gemeinschaft der lieben Saltzburger viel erfahren;
möchte auch nicht gut gewesen seyn, wenn wir bey den mannig-
faltigen Prüfungen, die über sie ergangen, nicht bei ihnen gewesen,
und sie durch Wort und Exempel aufgerichtet hätten. Gott lehre
uns auch in den äusserlichen Dingen ferner thun nach seinem
Wohlgefallen, und sey unser Gott, sein guter Geist führe uns auf ebe-
ner Bahn. Die lieben Saltzburger machen uns viel Vergnügen.
Bey der Handlung des göttlichen Worts sind sie überaus attent, und begir-
rig nach der vernünftigen lautern Milch des Evangelii, und lassen
die Kraft desselben in ihrem Wandel spüren. Sie erinnern sich un-
ter einander, beten und singen, obgleich unterdessen die unschlachtigen
Schiffer-Knechte allen Muthwillen und Bosheit treiben. In der brü-
derlichen Liebe unter einander sind sie hertzlich, und bitten sichs
von uns aus, es ihnen fleissig zu sagen, wenn wir was tadelhaftes
an ihnen sehen oder mercken. Ihre Kinderchen suchen sie mit einfälti-
gem Unterricht und gutem Exempel dem Herrn Jesu zuzuführen,
und diese Lämmerchen sind so geduldig, folgsam und artig, daß
sich unser Hertz ihrer erfreuet, und uns aufs künftige viel gutes
hoffen lässet. Bisher hat der wunderbare Gott dieses sein Volck
auf mancherley Art auf der kurtzen Reise von Rotterdam bis
nach Doower geprüfet, (wie aus dem mitkommenden Diario mit
mehrern wird zu ersehen seyn) doch haben sie sich wohl darin
zu finden gewußt, und nicht gemurret: wie wir es denn auch an
unserm Theil nicht ermangeln lassen, sie fleissig aus Gottes
Wort, und sonderlich mit dem Exempel Christi und des Jüdischen