Eben Ezer den 6 Octobr. 1736
HochEhrwürdiger p.
Im Herrn sehr Werther Herr Professor,
 
Euer HochEhrwürden werden vor Empfang dieses Briefes außer allen Zweiffel völlige
Nachsicht aus unsern eingeschickten Diariis und dem an dieselben geschriebenen Briefe vom
19 Junii dieses Jahres bekommen haben, daß der dritte aus Saltzburgern, Oesterei-
chern und einigen andern von Herrn von Reck aufgerafften Leuten bestehende Transport in Eben-
Ezer angelanget sey, und daß sich in Ansehung unserer Remotion auf ein beßer
Land und der Versorgung der armen Leute gar viel Difficultaeten her vorgethan haben.
Unsre Schuldigkeit hätte es ja wohl erfordert, bald nach Ankunfft dieser lieben Leute
nach Teutschland einige Nachricht einzuschicken, weil wir aber bißher der betrübten Dienge
die bey unsern Wohlthätern und Freunden Betrübniß und Seuffzen angerichtet, mehr als
zu viel berichten müßen, und jedermann und also auch wir eine reelle Verbeßerung
unserer bißherigen kümmerl. Umstände von Herrn Oglethorpe vermuthet haben, so wolten
wir mit unserm Schreiben so lange verziehen, biß uns durch die gehoffte bes-
sere Versorgung unsere lieben Leute eine erfreuliche materie zum Schreiben wä-
re an die Hand gegeben worden. Weil uns aber die Zeit zu lang und unser Di-
arium zu starck wurde, so schrieben wir den 3 Mertz st. v. dieses Jahres einen Brief
an den Herrn Hoff Prediger Ziegenh. mit dem Einschluß unseres Diarii, welcher
denn die Contenta seines Briefes und das Diarium auch nach Halle und Augspurg
wird geschickt haben. Mit dem letzten Schiffe ist uns in engl. und teutschen Briefen,
die aus London an uns geschrieben worden, //berichtet,// daß die Herren Trustees auf Vorstellung
der Hochlöbl. Societaet gar feine Resolutionen zum Besten der Saltzburger gefast,
und deshalb ihre Order hierher nach Georgien gesandt haben, den guten effect davon
aber haben noch nicht erfahren, außer daß Herr Ogelthorpe schon vor Ankunfft
des Schiffes und vor Empfang der Briefe unsern Leuten endlich ihre Gärten aus-
meßen laßen, und den dürfftigsten des dritten Transports in allen 10 Kühe und
so viel Kälber geschenckt hat. Übrigens ist weder Provision verbeßert, noch dem
dritten Transport das nöthige Hand Werck Zeug und Küchen-Geräthe gegeben worden,
und alles unter dem Vorwand, als sey alles nach der neuen Stadt Friderica ge-
bracht, wären die Leute, wie der Herr von Reck dem Herrn Oglethorpe beständig
versprochen hätte, mehr nach Süden an dem Alathamaha-Fluß gegangen, hätten
sie völlige Provision und Werck Zeug bekommen, welches ich noch neulich bey münd-
licher Vorstellung der Noth der Leute von Herrn Causton vernehmen müßen, dem
ich aber auch hierauf meine Meinung in aller Demuth gesagt. Als ich das letzte
mahl schon vor einiger Zeit dem Herrn Oglethorpe aufzu warten, und den Mangel un-
serer armen Leute, und sonderlich des dritten Transports vorzustellen, Gelegenheit
hatte, so bekam ich unter anderm zur Antwort: Wir müßten uns gedulden,
biß Briefe ankämen, auf die er warte. Was er nun auf die auf//ein//gelauffen-
en Briefe resolvieren wird, und ob zur beßren leiblichen Versorgung der lieben
Leute beßere Anstalt wird gemacht werden, müßen und werden wir er-
fahren, wenn Herr Ogleth. von Süden nach Savannah zurück kommt. Herr
Causton hat zu unserm Besten noch keine Order empfangen. Ich an meinem
geringen Theil werde zu dieser Zeit, da Herr Oglethorpe nächstens wieder
nach London zurück kehret, mein möglichstes durch Bitten und Vorstellen bey
ihm nochmahls zu //thun// versuchen, wie ich denn um des willen auch schon einige
Punckte Bitt-weiße aufgesetzt, die ich ihm pro memoria selbst übergeben
werde. Inzwischen wollen Ew. HochEhrwürden unsern Mangel und kümmerl. Um-
stände nicht zu sehr zu Hertzen nehmen und sich darüber bekümmern. Es muß
also gehen; wollen wir an dem seeligen Ort, wo in so viel 1000 Jahren