Febr. 6. 1739
Continuation Diarii extraordinarii.
Herr Thilo kam zu mir u. sagte, die Rheinländerin hätte ihn eröffnet, daß sie fort sollte, u. wollte er mir darüber
nicht als Theologus sondern als Medicus s. Gedancken sagen […] sie wäre eine nützl. Persohn, sie verstünde da He-Ammen-Amt
wohl, es könten die Weiber in allerley Umständen kommen, da man sie nicht enbehren könnte: Resondendo Gott ist an sie nicht ge-
bunden, hat auch gezeigt, daß er durch geringe Werckzeuge helffen kann, als bey der Kalcherin u. Ernstin p ehe die Leute sie
brauchten. so wollen sie lieber leiden, u. haben sich ihrer denn nicht bedienen wollen, da ich ihr 5 Schillinge für eine jede
Kindbetterin gezahlet p it. er sagte, die Leute zögen auf die Plantation, da sie denn als Gehülffin des Medici
gebraucht werden könnte. Respondendo das wollen die Leute nicht. Ihre Kunst besteht mehr im Mund-Werck als in der That p
Quaeritur man machte es dadurch nicht beßer, d man sie wegthäte, u. sie der Beneficien beraubte, man sollte auch
die Feinde lieben, Gott theu auch den bösen Gutes, machte man es auch so, so könten die bösen gewogen werden.
Respondendo Gott beweiset nicht nur Liebe sondern auch Ernst, u. will, daß s. Knechte u. Kinder darin nachfolgen sollen. ein
Lehrer soll beydes: tragen u. nicht tragen. Thut von euch selbst hinaus, wer böse p Wolle sie sich bekehren, so sey
Gott an Ort nicht gebunden. Die Wohlthaten aus Deutschland kann ich keinem, als den rechten Gliedern der Gemeine
mittheilen, das ist der Wohlthäter Wille. Obj[…] Man sehe nur immer auf praeterita, sie wolle sich ja bekehren,
u. es könne auf einmahl nicht so seyns gehöre vielmahls Jahr u. Tag dazu. Respondendo die Praesens ist auch nicht beßer,
u. was sie ietzt vorgebe, habe sie vielmahls vorgegeben. Ich werde sie nicht wegtreiben, aber will mit ihr in lei
äuserl. u. leibl. Dinge nichts zu thun haben, weil ich aus der Erfahrung gewitziget bin. Ich hätte es auch nicht,
ihr Arbeit zu geben, was ich hätte, da wären ordentlichere Leute darzu. it. ich werde die Gemeine nicht hindern,
wenn sie Herrn Oglethorpe um ihre Remotion bitten. Er ging weg u. sagte, er wiße nicht, wie er es mit dem Chri-
stenthum reimen sollte. Die Zeit wird es wohl lehren, daß sie aus k. andern Ursachen als um
leibl. Absichten willen hier bleibet. Sie weiß wie elend es in Savannah aussieht, ob sie sonst wohl vorgegeben, wie viel
sie da gewinnen könnte. Uberdem hat sie aus den vorgelesenen Briefen verstanden, daß die Gemeine leibl. Wohlthaten er-
wartet, welche sie gern auch hätte. Wenn man ihr nun nichts davon geben wird, so wird sichs bald offenbahren,
was im Hertzen liegt. Sollte sie sich in der Wahrheit bekehren, so kann man es ihr immer genießen laßen, wie man
wohl andern auch gethan. Herr Thilo weiß viel davon, wie man mit jedem Gliede zum besten des gantzen corporis
umgehen muß. Er weiß es auch nicht u. kann es nicht faßen, zu welcher Last diese Persohn der gantzen Gemeine
worden ist u. noch wird. Ich gedencke ietzt daran, wie ich beurtheilet wurde von Herrn von Reck u. Zwifflern, da
der Ernst nach Savannah geschickt u. mit Arrest bestrafft wurde. Wir hatten bald darauff damahls die
Historie Gen. XXI, 10 sq. Da ich nun neulich Sonnabend bey Herrn Thilo etwas zu thun
hatte, kam er aus s. Küche. Ich fragte ihn, ob er allein sey? er wollte aber nicht antworten: ich that die Frau-
genoch einmahl, da er denn sagte: nein. quaeritur wer ist bey ihnen? Die Frau Rheinländerin. Ich sahe durchs Fenster
u. sahe sie sitzen, darüber ich ihr einen Verweiß gab, daß sie einen solchen jungen M. so nachlauffe, u. so familier
mit ihm umgehe, u. bat ihn, sich ihrer doch um sein selbst willen u. des Aergernißes willen zu enthalten.
Da ich mich in s. Stube niedersetzen wollte, muste er erst den Stuhl aus der Küche hohlen. Das Weib hatte sich
heraus geputzt, u. ist zu sorgen, es geschehe Ubel. Heute war er auch außerordentl. als wenn es Fest-Tag
wäre, oder er einen solennen Actui beyzuwohnen hätte, angezogen, welches bey ihm gemeinigl. etwas zu be-
deuten hat. Weil die Rheinlaenderin mit Herrn Thilo ietzt so genau zum Anstoß der Gemeine zusammen hält,
wird es auch um deswillen gut seyn, daß sie wegkomme. Es ist doch böse, daß unordentl. Leute ihre Retirade
zu ihm nehmen u. ihr Advocate wird. Ehemahls hielt er mit der Ortmannin zusammen. Ich hatte heute in
lectione biblica zu meiner Nachricht Ψ XV, 4. Wer die Gottlosen nichts achtet, darüber ich in der neu-
klingenden Harffe Davids diese Erklärung fand: „Gr. T. in deßen Augen den Verworffene verachtet
ist. Der Verworffene ist der Gottlose, den seines ärgerlichen Wandels halber weder Gott noch Menschen
mögen. den hat ein frommer nicht zu achten, wenn er auch schon könnte Nutzen von ihm haben p“