1. Maii 1741.
Hochwürdiger p
In Gott der ewigen Liebe, Hochgeliebter
und theurester Herr Doctor,
 
An Ew. Hochwürden ist zwar vor etlichen Tagen nehmlich den 13 cur.
ein Briefflein zur Antwort auf dero geehrteste vom Januario c.a
abgeschickt worden, es hat mich aber der liebe Gott in und nach
unserer heutigen Hauß-Betstunde, darin ich mir und andern Gehülffen im
Gebet einige von den Briefen, welche etliche Waysen-Kinder
beyderley Geschlechts aus Ihrem lieben Waysen-Hause an die Unsri-
gen in kindlicher Liebe und Einfalt geschrieben haben, vor
dem Gebet zu Nutze machte, aufs neue erweckt, an Sie
diese wenige Zeilen als schwache Zeugniße meiner und
unser aller aufrichtigen Danckbarkeit für die letztl. empfangenen
geist- u. leiblichen Wohlthaten abzulaßen. Ich erfahre es an mei-
nem geringen Theil, höre es auch von meinem Werthen Col-
legen, den Unsrigen im Hause u. in der Gemeine, daß der
Herr Großes an den Seelen durch die hergeschriebene Brieffe thut,
und hat uns aus den letzt emepfangenen, die noch nicht einmahl
alle öffentl. verlesen sind, manche schöne Vorbereitungen aufs
heilige Pfingst-Fest gehalten, worzu auch die vorgedachten lie-
ben Kinder mit ihren überschriebenen Sprüchen u. erbaulichen
Ausdrücken nach der Gnade, die Ihnen der fromme Heyland durch
seinen heiligen Kinder-Geist verliehen, das Ihrige beygetragen
haben. O Gott laße den Seegen, den wir Ihnen u. allen
unsern Freunden im Namen des Herrn Jesu //ausbitten// reichlich über sie kommen,
und erfülle überschwänglich an Ihnen die köstliche Verheißungen
Jes. 44 Vers 3-5 und Jer. 31 Vers 31-34, welche ich ietzt, da
ich dis schreibe, unter Seuffzen aufs allerinnigste an ihre zarten
Hertzen und gewißen drücke, und Sie in dem Namen meines
und ihres allerliebsten Heylandes, der Ihre Seelen theurer geachtet hat
als sein Blut u. Leben, aufs aller beweglichste bitte, flehe und
ermahne, mit sich selbst nicht eher zufrieden zu seyn, bis Sie es