sehr gern nacher Mayland, und gantz Italien gezogen, und
hernach über Venedig auf Wien durchs Reich wieder zu
Hause kommen; aber mein lieber sel. Vater war bereits
an einer langwierigen Schorbutischen Kranckheit sehr
schwächlich, wolte also solche Reise nicht verstatten, wie-
wol ich hernach zu Franckfurt (aber zu späte, denn
ich mit großer Gefahr und Unkosten bis dahin herunter
kommen) einen Brief vor mich gefunden, darinn Er in meine sehr
desiderirte Italiänische Reise gewilliget.
Anno 1649 bekam am Oster-Montage, bekam ich an der lincken
Seite des Halses einen gefährlichen kalten Fluß, damit ich mich
gantzer drey-viertel Jahr schleppen u. plagen müßen, schiene,
ob wolte u. würde es fistuliren, aber der gnädige Gott
hat mich davon Väterlich errettet.
Anno 1650 war ich zum ersten mal nacher Kiel in Hollstein aufm
Umschlag, um mich allda mit Vornehmen Edel-Leuten u. Gelehrten
bekannt zu machen, in Meinung dadurch zur Praxi u. Beförderung
zu gerathen; Gestalt ich auch mit Herrn D. Davide Gloxino, Synd.
Reip. Lubec. daselbst zum ersten in Kundschafft, u. hernach zu
seiner Tochter Heyrath gekommen.
Anno 1650 den 27ten Aprilis starb meine jüngste Schwester Catharina, Joh.
Dreyers Haus-Frau, hinterließ eine Tochter u. 4 Söhne; hatte //2en Söhne u. 1 Tochter// dem lieben
Gott, Ihrem Schöpfer, durch zeitlichen Tod schon wieder geliefert. Und war
mit Ihrem 9ten Kinde (welches leider! annoch gantz unzeitig mit Ihr bleiben
müßen) schwanger, als Sie der höchste Gott aus diesem Leben abforderte. Ich war
zu Gottorff aufm Land–Gerichte, ward von dannen, wegen solchen betrübten, un-
verhofften Todes-Falles, abgefordert.
Anno 1650 den 18ten Maj, starb mein lieber sel. Vater, Hans francke, an einer fast
4Jährigen Schorbutischen Kranckheit, so Ihme auf die nervos der Beinen gefallen, daß
er zuweilen fast gar nicht gehen können, sondern getragen werden müßen. Selbi-
ge Schorbutische Flüße brachen endlich in planta sinistri pedis durch, u. wurden vom
kalten Brande entzündet, bis Er sanfft u. selig, bey guter Vernunfft u. eifrigem
andächtigem Gebete in Gott entschlafen: Seines Alters im 63ten Jahr. War ein frommer, ehr-
licher, aufrichtiger, u. von jedermänniglichen, hoch und niedrigen wohl aestimirter und
beliebter Mann. Habe Ihm in seiner Grube für treu fleißigste Väterliche Er-
ziehung u. Anleitung zu aller Gottesfurcht u. Tugend nicht sattsam zu dancken. Gott ver-
leihe Ihme eine sanffte Ruhe in seinem Grabe, u. fröliche Aufferstehung zum ewigen
Leben.
Anno 1650 den 2ten Jun. am Heil. Pfingst-Tage bin ich mit Herrn D. Davidis Gloxin, Aeltesten
Syndici zu Lübeck eheleiblichen Tochter, Jungfer Anna im Namen der Hochgelobten Drey-
faltigkeit ehelich verlobet und versprochen worden.


[Abschrift der Edition Kramer, Gustav: Beiträge zur Geschichte August Hermann Francke's: enthaltend den Briefwechsel Francke's und Spener's. Halle 1861, S. 1-4.
Kollationiert von Jürgen Gröschl]