Nr. 28 Ph.J. Spener an A.H. Francke 9.7.1692 117 28. Ph.J. Spener an A.H. Francke Berlin, 9. Juli 1692 Inhalt Hat mit Franz von Meinders wegen der Auseinandersetzungen um Franckes Kirchenzuchtpraxis noch nicht sprechen können. — Äußert sich grundsätzlich zur Frage des Ausschlusses Unwürdiger vom Abendmahl. Empfiehlt, die Vorwürfe der Klager gegen diese selbst zu wenden. - Bittet um Zusendung der am 6. Sonntag nach Trinitatis gehaltenen Predigt. - Bekennt, daß die notwendige Reformation der Kirche Gott vorbehalten bleiben muß. Überlieferung A: AFSt/H A 125: 8 D: Kramer, Beiträge, 229-231; Tholuck 1, 17-19 Göttliche gnade, friede, Hecht, rath, trost, krafft und sieg in Christo Jesu! In demselben hertzlich geliebter Bruder. Nachdem ich vorige post in deßen sache 1 an Herrn D. Breithaupten 2 bereits geschrieben hatte 3 , bekam deßelben pacquet 4 , da ich dann gleich gestern Herrn geh[eimen] Rath v. Meinders 5 sein schreiben mit zugehörigen bey- lagen 6 und einigen Zeilen von mir 7 zusandte, um audienz bittende: Ich habe 1 S. Anm. 6. 2 Joachim Justus Breithaupt (s. Brief Nr. 7, Anm. 36). 3 Nicht ermittelt. Es dürfte sich um eine Antwort auf Breithaupts Brief vom 25.6.1692 (AFSt/ H D 88: 49) handeln (vgl. Anm. 6). 4 Ein entsprechend datierter Brief von Francke an Spener ist nicht überliefert. Zu dessen Beilagen s. Anm. 6. 5 Franz von Meinders (s. Brief Nr. 22, Anm. 26). 6 Es kommen hier mehrere Schreiben in Frage, die Franckes Bemühungen um die Durch¬ setzung einer schärferen Kirchenzuchtpraxis betreffen: Francke hatte seit seinem Amtsantritt in Glaucha gegen die Bewirtung von Gästen in Wirtshäusern an Sonn- und Festtagen vor und während des Gottesdienstes wie überhaupt gegen das seiner Meinung nach unmäßige Trinken gepredigt. Dabei hatte er sich auf die entsprechende Bestimmung der Magdeburger Kirchen¬ ordnung von 1685 (vgl. Ch.O. Mylius, Corpus constitutionum Magdeburgicarum 1680—1714, Halle 1714, Kirchenordnung 1685, Kap. VI, § 12) berufen und das Konsistorium um Unterstüt¬ zung gebeten (vgl. Francke an das Konsistorium, 6.5.1692, GStA PK HA I, Rep. 52, Nr. 130, Bl. 238 [Abschrift]). Der daraufhin als Wächter über die Einhaltung der Bestimmungen einge¬ setzte Oberamtmann von Giebichenstein, Johann Brandis (s. Brief Nr. 29, Anm. 6) (Reskript vom 12.5.1692, GStA PK, aaO, Bl. 239 r [Abschrift]) hatte den Glauchaer Richtern befohlen, die Wirte vorzufordern und zu ermahnen (Brandis an die Glauchaer Gerichte, 24.5.1692, GStA PK, aaO, Bl. 239 [Abschrift]). Da Francke einen hinreichenden Erfolg dieser Maßnahmen nicht sah, hatte er erstmals wohl am 18.6.1692 drei in seinen Augen nicht bußfertigen Gemeindegliedern die Absolution verweigert und sie damit vom Abendmahl ausgeschlossen (vgl. Francke an das Konsistorium, 23.6.1692, GStA PK, aaO, Bl. 240 [Abschrift]). Bereits am 22.6.1692 hatten sich der Glauchaer Goldschmied und Richter Jacob Vogler (um 1649—1697, vgl. PfA St. Georgen, Tauf- und Sterberegister 1637—1701, Teil Beerdigungen, S. 305) und der Schankwirt Elias Naumann beim Konsistorium über diese Maßnahme beklagt und gebeten, einen anderen Beicht- |