Nr. 29 AM. Framke an Ph.J. Später 9. 7. 1692
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29. A.H. Francke an Ph.J. Spener
Glaucha, 9. Juli 1692
Inhalt
Ist in der Frage der Abendmahlsverweigerungen in Glaucha voller Gottvertrauen. Legt aktuelle
Schreiben in der Sache an das Konsistorium bei. — Will seine Predigt zum 6. Sonntag nach
Trinitatis in Halle drucken lassen. — Berichtet vom Christentum der Jungfern Sophia Tranquilla
und Christiane Sophie Wolff und [David] Gloxins. — Heinrich Wedda hat sich auf der Durch¬
reise in Glaucha aufgehalten.
Überlieferung
A: Privatbesitz, Prof. Henn, Murnau am Staffelsee
Theurester Vater in Christo,
Ich hoffe mein neuliches Schreiben samt verschiedenen beylagen 1 werde
eingehändiget seyn. Dero geliebtes an Herrn D. Breithaupt 2 ist mir com-
municiret, mir hat Gott einen beßern Muth zur Sache 3 gegeben, und ist
mir nunmehro die Sache leicht, weil es nicht mehr gilt zwischen mir und 5
Gott, der mein Hertz darinnen munter und getrost gemachet, sondern
zwischen mir und Menschen. So furchte ich auch nicht daß die Sache zur
Verkleinerung der Ehre Gottes hinaußschlagen solte. Das sey ferne von dem
gerechten Richter, daß er den einfältigen wandel seiner kinder im Glauben
dahin solte gedeyen laßen. Er wird mir auch hände und Mund nicht binden 10
seinen Ruhm auszubreiten.
Wozu ich gesant bin, das werde ich müßen ausrichten, das mag nichts
hindern als mein Unglaube. Ich begehre ja in dieser Sache gar nichts neues,
achte vielmehr Gott giebt mir die Freude der warheit also in die hände, solte
ich dann das gute so man noch hät, durch meine Ungläubige Furchtsamkeit 15
auch weggeben. In causa Dei nil adhuc perdidi.
Was ich jüngst im Consistorio eingegeben, sende ich hierbey. 4 Noch habe
keinen bescheid darauf, sondern wird privatim unter die Theologos Consisto-
riales herumbgesandt. Indeßen hat man resolviret, daß es dabey bleiben solle,
daß denen klägern 5 den beweiß bey dem Oberamtmann zu Giebigenstein 6 20
1 S. Brief Nr. 28, Z. 3-6 und Anm. 6.
2 Zu Speners Brief an Joachim Justus Breithaupt (s. Brief Nr. 7, Anm. 36) s. Brief Nr. 28,
Z. 3f und Anm. 3.
3 Durchsetzung schärferer Kirchenzuchtpraxis in Glaucha (s. Brief Nr. 28, Anm. 6).
4 Schreiben Franckes an das Konsistorium vom 7.7.1692 (GStA PK HA I, Rep. 52, Nr. 130,
Bl. 243—246' [Abschrift]), in dem er sein Vorgehen ausfuhrlich rechtfertigt. Sollte es tatsächlich zu
einer Zeugenvernehmung gegen ihn kommen (vgl. Brief Nr. 28, Anm. 6), wolle er an den Kur¬
fürsten appellieren. Zudem Franckes Schreiben an das Konsistorium vom 9.7.1692 (s. Anm. 8).
5 Jacob Vogler und Elias Naumann (s. Brief Nr. 28, Anm. 6).
'' Johann Brandis (30.3.1638-10.7.1696), geb. in Wilperode; 1656 Studium in Jena, 1662 Ad¬
liger Asseburgischer Amtmann zu Ampfurt, 1671 Adliger Schenckischer Amtmann zu Flechtin-