Nr. 70 A.H. Francke an Ph.J. Später 10. 1. 1693
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70. A.H. Francke an Ph.J. Spener
Glaucha, 10. Januar 1693
Inhalt
Betont sein Gottvertrauen angesichts drohender Versetzung und Vorgängen um Extraordinäre.
Überlieferung
A: AFSt/H D 88: 60
D: Weiske 1, 118-119
Mein theurer Vater,
dessen letztes habe wol empfangen. 1 Bin sehr überladen mit Geschafften. Be¬
richte aber mit wenigem, daß mein hertz noch darinnen gantz feste ist, daß
ich die vocation nach Calbe nicht annehmen wil. 2 Si vel maxime homines
extrema minentur. Es hat mir noch nie gereuet, wenn ich ein freudig hertz
vor Gott zu behalten die äugen eine Zeitlang zugebunden.
In der Halberstädtischen und andern Sachen 3 bin ich kindlich, bete fleißig
und laß Gott Sorgen. Er ist Vater und Herr, läßet er seine Kinder und Knechte
zu schänden werden, triffts ihn selbst, das nimmer geschehen wird. Die
weit mag murren oder lachen, last uns nach dem maaß das uns verliehen ist
handeln, und dann stille seyn. Gott hertzlich empfholen.
M. Augfust] Hermann Francke.
Glauche den 10. Jan. 1693.
Dem HochEhrwurdigen in Gott andächtigen, und hochgelahrten Herrn,
Herrn Philippo Jacobo Spenero, Der H[eiligen] Schfrifft] Dfoctori] Chur-
fürsflich brande[n]burgischer Consistorial-Rath, und Probsten In Berlin.
Francö.
1 Wegen deutlicher inhaltlicher Bezüge offensichtlich Speners Brief vom 31.12.1692 (Brief
Nr. 68).
2 Vgl. hierzu zuletzt Speners Votum vom 31.12.1692 (Brief Nr. 68, Z. 5-9 und Anm. 1).
3 Vgl. Speners Befürchtungen wegen der Vorgänge um Anna Margaretha Jahn (s. Brief Nr. 22,
Anm. 18) und wegen der extraordinären Ereignisse allgemein (s. Brief Nr. 68, Z. 10-31).