332 Nr. 89 Pli.J. Spener an A.H. Francke 20.2.1694
89. Ph.J. Spener an A.H. Francke
Berlin, 20. Februar 1694
Inhalt
Christian Theodor Wolters, der sich in Haft befindet, wird widerrufen. - Will sich in Frage der
Versetzung von Justus Lüders nach Halberstadt nicht ungebeten einmischen. — Empfiehlt Flens¬
burger Studenten Johannes Lysius mit Schreiben von Hinrich Braker. — Georg Rudolph von
Schweinitz erleidet schwere Anfechtungen.
Überlieferung
A: AFSt/H D 125: 39
D: Kramer, Beiträge, 307-309
Jesum und mit demselbigen alles!
In Ihm unsrem erstgebohrenen hertzlich geliebten Bruder.
Ich hätte billig sobald auff das nechste 1 antworten sollen, bin aber sowol sonst,
als weil vorige woche ein paar tag zu Spandow auß Churflirstlicher commis-
sion wegen des examinis Herrn Wolters (der nun sein unrecht erkennet, auch
zur revocation sich verstehen wird) zugebracht 2 , gehindert worden.
Wegen Herrn Lüders 3 ist auch von Herrn Sprögeln an mich geschrieben
worden 4 , bekenne aber, das nicht gewußt, noch fast weiß, was antworten
solle: Ich habe ihn nach Halberstatt nicht vorgeschlagen, als der auch darum
nicht gefragt worden, ja weil niemand dahin kan, welcher Herrn von Ruck 3
nicht angenehm, würde meine recommendation daselbs hin eher contrarium
als secundum successum gehabt haben. Aber soviel habe wol gehört, daß
10 Ruck ] Bruck: D. 11 /daselbs hin/.
1 Brief Franckes vom 4.2.1694 (Brief Nr. 88).
2 Christian Theodor Wolters (s. Brief Nr. 16, Anra. 20) war seit 1692 wegen antinomistischer
Lehren auf der Festung Spandau inhaftiert. Gegen Ende des Jahres 1693 war Spener aufgefordert
worden, einige Traktate von Wolters zu lesen und sie auf irrige Lehren zu prüfen. Die zu Beginn
des Jahres 1694 eingesetzte Untersuchungskommission unter Speners Leitung examinierte Wolters
am 14. und 15.2. und befand, daß er seine irrigen Lehren einsehe und bereue. Aufgrund dieses
Untersuchungsergebnisses wurde Wolters wohl am 9.3.1694 aus dem Arrest entlassen (LBed. 3,
724-728, 21.3.1694; vgl. Brief Nr. 90, Z. 14-22).
3 Justus Lüders (s. Brief Nr. 7, Anm. 18).
4 Ein entsprechender Brief Johann Heinrich Sprögels (s. Brief Nr. 8, Anm. 10), die Versetzung
Lüders nach Halberstadt betreffend (s. Brief Nr. 88), konnte nicht ermittelt werden.
3 Melchior von Ruck (gest. 16.4.1711), halberstädtischer Rat und Hauptmann zu Hornburg,
1688 Geheimer Rat und 1692 Präsident der Halberstädter Regierung (Isaacsohn 3, 3; Kneschke
7, 611; FJ. Stock, Versus Heroicus Conicus, [...] Melchiori A Ruck [...] Electoris Brandenburgici
Friederici Tertii, Consilario Intimo [...], Halberstadt 1696).