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Nr. 128 Ph.J. Späterem A.H. Francke 3. 11. 1696
128. Ph.J. Spener an A.H. Francke
Berlin, 03. November 1696
Inhalt
Hat Paul von Fuchs neues Schreiben Franckes zugesandt. — Johann Fecht liest in Rostock De
Pietismo. Ist gefahrlicher als andere Widersacher. — Georg Rudolph von Schweinitz ist bei Mark¬
graf Philipp [Wilhelm zu Brandenburg-Schwedt].
Überlieferung
A: AFSt/H A 125: 63
D: Kramer, Beiträge, 358-359
Jesum zum liecht, krafft und leben!
In demselben hertzlichgeliebter Bruder, Hochwehrter Herr Gevatter.
Wie ich nechstmal berichtet, das sobald das schreiben und memorial an
Herrn Praesidenten von Fuchs geliffert, auch gewährige antwort erhalten 1 ,
5 so habe hingegen gestern ihm auch das andre zugeschicket 2 , da er mir heut
sagte, das sonsten schon hätte die sache außgefertiget werden sollen, seye aber
beßer, das es auff die weise unterbleiben könne. Der treue Vater regire die
gantze sache also, daß das gute soviel mehr befestiget, dem bösen aber soviel
stärcke [?] rigel vorgeschoben werden möge: wir wollen aber seine güte u.
io weißheit auch soviel hertzlicher preisen, da er das jenige, was sorglich zu
verstöhrung einiges guten von einer seite mag gemeinet gewesen sein, zu
deßen herrlicherem wachsthum segnen wird. Darum wir ihn immer weiter
anruffen wollen.
Von D. Fechten in Rostock 3 , der de Pietismo zu lesen angefangen, sorge
15 ich fast mehr unheil, als von andern bißherigen Widersachern. 4 Er ist ein
1 Spener hatte die vermutlich am 28.10.1696 in Halle abgesandten Schreiben Franckes an Paul
von Fuchs (s. Brief Nr. 95, Anm. 4; vgl. Brief Nr. 126, Anm. 1 und 9) diesem am 31.10.1696 über¬
geben und an demselben Tag mündlich positive Antwort erhalten (s. Brief Nr. 127, Z. 3—12).
2 Das zweite Schreiben Franckes an von Fuchs in der Sache der Glauchaer Visitation vom
[31J.10.1696 (s. Brief Nr. 126, Z. 14-16 und Anm. 9).
3 Johann Fecht (25.12.1636—5.5.1716), geb. in Sulzburg im Breisgau; Studium 1655—1661
in Straßburg, dann in Heidelberg, Tübingen, Jena, Wittenberg und Gießen (1666 Lic. theol.);
1666 Pfarrer in Langendenzlingen, 1668 Prof. der hebräischen Sprache und der Metaphysik am
Gymnasium in Durlach, 1669 Hofprediger, Kirchen- und Konsistorialrat, 1688 Generalsuper¬
intendent ebd.; 1690 Prof. theol. und Generalsuperintendent in Rostock, 1691 Dr. theol.
(DBA 309, 196-213; ADB 6, 592f; NDB 5, 38f; Jöcher 2, 539-541; Memorial D. Ioannis Fechtii,
in: J. Fecht, Compendium universam theologiam theticam et polemicam complexum, cum vita
B. Auctoris, Zerbst 1740, VII-XXIII; K. Obser, Johannes Fecht [1636-1716]. Sein Leben bis
zur Berufung nach Rostock, in: Fecht-Blätter, H. 1, 1941, 9-39).
4 Fecht, der mit Spener in Straßburg studiert und in den folgenden Jahrzehnten mit ihm in
freundschaftlicher Verbindung gestanden hatte, wurde in den 90er Jahren zu einem entschiedenen
Gegner des Pietismus (vgl. Johann Fecht an Spener, AFSt/H A 139: 59-67; C 784: 1).