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Nr. 164 A.H. Francke an Ph.J. Spener 26. 5. 1699
164. A.H. Francke an Ph.J. Spener
Halle, 26. Mai 1699
Inhalt
Jakob Karl Spener soll am Ende des Sommers nach Gotha wechseln.
Überlieferung
A: AFSt/H A 165: 5b
D: Kramer, Beitrage, 403
Die Kräffte des H. Geistes!
Theurester Vater,
Was des geliebten Sohns 1 Veränderung betrifft, acquiescire ich in dero gut-
achten 2 , und hielte daß er mit zu Ende lauffenden diebus canicularibus 3 von
Herrn M. Wiegeleben 4 , der um die Zeit ordentlich hier ist, am fuglichsten
mit hinüber genommen werden könte. So dürffte er in den ferien nichts
versäumen, und ginge mit dortigen translocatis in frischer arbeit fort, könte
auch nach dero Gefallen vorher nach Hause kommen. Er hat ein gut Gemüth,
aber sein wildes feuer bedarff gar genauer Auffsicht. Ist offt sehr gerühret,
und hat mit Ernst angefangen, Gott zu suchen, ist aber unbeständig gewesen,
sonderlich wenn er was neues in den Kopf gekriecht, da er denn gleich alzu
sehr drauff gefallen. In studiis hat er gute profectus. Gott heilige alles. So es
für gut befunden wird ihn eher hier wegzunehmen, ist hier gar kein auf-
fenthalt. So viel vor dieses mahl in Eyl. Gott laße alle heil [ige] arbeit wohl
und reichlich gesegnet seyn.
Ich verharre
M[eines] th[euresten] VjatersJ Gebethschuldfigster]
Afugust] H[ermann] Francke.
Halle den 26. Maj. 99.
1 Jakob Karl Spener (s. Brief Nr. 133, Anm. 17).
2 S. Speners Brief vom 23.5.1699 (Brief Nr. 163, Z. 5-27).
3 Lat. „Hundstage".
■* Johann Hieronymus Wiegleb (s. Brief Nr. 8, Anm. 15).