Nr. 183 Ph.J. Spencr an A.H. Franckc 28.10.1699
655
183. Ph.J. Spener an A.H. Francke
Berlin, 28. Oktober 1699
Inhalt
Johann Friedrich] Drost soll doch von Berlin abgeholt werden. - Hat wegen der Egelner Prop-
stei an Paul von Fuchs geschrieben. - Erläutert seine Personalvorschläge für Gardelegen. Stände
werden keinen des Pietismus Verdächtigen dulden. - Kennt Venezianische Kaufleute nicht; Sche¬
rer hat ihn einmal besucht. - Äußert sich zu Briefen von Heinrich Wilhelm Ludolf und Petrus
Schäfer. - Hat nichts von Ablehnung der Schulinspektion durch Carl von Dieskau gehört.
Überlieferung
A: AFSt/H A 125: 98
D: Kramer, Beiträge, 420-422
Jesum!
In demselben hertzlich geliebter Bruder, wehrter Herr und Gevatter.
Ich würde dieses mahl nicht geschrieben haben, nicht allein wegen morgen
abermal haltender leichpredigt 1 , sondern auch weil von Herrn B[aron] von
Canstein 2 einer nach Gotha vorhabender reise berichtet worden 3 , also das
deßen jetziger gegenwart nicht versichert bin, wann nicht die ursach Herrn
Drosten 4 mich urgirte, dan da vor 8 tagen Herr Rittner 5 durch Herrn Kuno 6
mich beten laßen, das die anstalt jemand herzuschicken, wegen hier gefun¬
dener gelegenheit, unterbleiben möchte 7 , änderte Herr Rittner es wider mit
3 haben, ] + (wann(?)).
1 Spener hielt am 29.10.1699 die Leichenpredigt für Catharina Röbe, geb. Gade (1678—
22.10.1699), geb. in Hamburg; seit 1694 Ehefrau des Berliner Handelsmanns Johann Röbe (Ph.
J. Spener, Christlicher Leich=Predigten Zehende Abtheilung, Frankfurt a.M. 1700, 466-498).
2 Carl Hildebrand von Canstein (s. Brief Nr. 143, Anm. 1).
3 Ob Francke tatsächlich nach Gotha reiste, ist nicht klar. Johann Hieronymus Wiegleb (s.
Brief Nr. 8, Anm. 15) bat ihn zwischen dem 13.9. und 1.11.1699 mehrfach eindringlich, nach
Gotha zu kommen — v.a. um seine offenbar schwer erkrankte Mutter zu besuchen (vgl. Wiegleb
an Francke, 13.9., 1.10. und 1.11.1699, AFSt/H C 243: 50-52). Aus einem Brief Wilhelm
Hieronymus Brückners aus Jena vom 23.10.1699 geht hervor, daß Franckes Reise nach Gotha
seit zwei Wochen täglich erwartet wurde (AFSt/H D 90: 542-545, hier 542). Am 22.11.1699
erwähnt Wiegleb ein „Straffbriefflein" (bezüglich der Bitten, nach Gotha zu kommen ?), das er
von Francke bekommen habe (AFSt/H C 243: 64) - ein Besuch in Gotha spielt keine Rolle mehr.
Der am 29.11.1699 formulierte Wunsch Ludwig Andreas Gotters (s. Brief Nr. 108, Anm. 12),
Francke zu sehen (AFSt/H C 272: 2), spricht dagegen, daß Francke bis dahin in Gotha gewesen
war.
A [Johann Friedrich (?)] Drost (s. Brief Nr. 181, Anm. 15).
5 Andreas Rittner (s. Brief Nr. 23, Anm. 48).
6 Dietrich Christian Cunov (s. Brief Nr. 158, Anm. 4).
7 Zur Abholung Drosts aus Berlin vgl. Brief Nr. 181, Z. 29-32.