Nr. 190 Ph.J. Später an AM. Francke 13.1.1700 677 190. Ph.J. Spener an A.H. Francke Berlin, 13. Januar 1700 Inhalt Paul von Fuchs ist über Franckes Schreiben wegen der in der Schulkirche gesammelten Gelder aufgebracht und hält das Gutachten von Samuel Stryck für nicht legitim. - Erwartet Johann Fischers Ankunft in der nächsten Woche. Hofft aber auf vorherigen unkomplizierten Vergleich. - Ob Gerhard Meyer als Nachfolger von Johann Christian Olearius bestätigt wird, ist noch un¬ gewiß. Breithaupt kommt wegen des kürzlich verfaßten Distichons nicht mehr in Frage. - Kon¬ rad Gottfried Blankenberg ist eingetroffen. - Hat über Carl Hildebrand von Canstein Briefe von Theodor Gehr und Justus Samuel Scharschmidt übersandt. - Barbara Cordula Astmann ist schwer erkrankt. - Dankt für Gottes Gnade in 65 Lebensjahren. Überlieferung A: AFSt/H A 125: 102 D: Kramer, Beiträge, 429-431 Von unsremjesu dem Herrn der zeit und ewigkeit seine jedes tages mit neuem Hecht, krafft, rath, trost und sieg sich herrlich erneuernde gnade! In demselben hertzlich geliebter Bruder, wehrter Herr und Gevatter. Das letzte schreiben wegen des Klingebeutels 1 mit beygelegtem responso Herrn geheimen Rath Strykens 2 hat einen nicht guten effect gehabt, das mich Herr geh[eimer] Rfath] von Fuchs zusich fordern ließen, und gantz alarmirt war, in dem er sagte, wo man dem Rath das jus Patronatus der kirchen dis- Gemeint ist Franckes Brief an Paul von Fuchs (s. Brief Nr. 95, Anm. 4) vom 9.3.1700, in dem er dafür eintritt, daß die in der Schulkirche im Klingelbeutel gesammelten Almosen voll¬ ständig der theol. Fakultät (und damit auch dem Waisenhaus) zugute kommen sollten (AFSt/H D 80: 605—608 [Entwurf]; die Datierung ist dem Antwortschreiben von von Fuchs vom 14.1.1700 [SBPrKB, Nachlaß Francke, Kaps. 9, Bl. 55f] zu entnehmen; warum Deppermann Franckes Brief auf den 11.1.1700 datiert [Deppermann, 127], ist nicht ersichtlich). Nachdem die Schulkirche im Jahre 1692 durch eine Entscheidung des Geheimen Rats und gegen den Widerstand des Magistrats der theol. Fakultät zur Verfügung gestellt worden war (vgl. Brief Nr. 22, Anm. 41), waren die Auseinandersetzungen um die Kirche im Frühjahr 1699 erneut entbrannt — in Gestalt eines Streits darüber, ob die im Klingelbeutel gesammelten Almosen dem Magistrat oder der theol. Fakultät zugute kommen sollten (vgl. GStA PK HA I, Rep. 52, Nr. 159b, Bl. 85-99; UA Rep. 27, Nr. 1085, Nr. 1-14). Eine Eskalation der Angelegenheit in einem Gottesdienst führte im November 1699 zu Eingaben sowohl der theol. Fakultät als auch des Magistrats an den Kurfür¬ sten (vgl. Deppeumann, 126f), in deren Ergebnis der Kurfürst am 24.12.1699 verordnete, daß das Geld vollständig dem Magistrat und damit der Armenverpflegung der Stadt Halle zustehen solle (GStA PK, aaO, Bl. 85). Der hier erwähnte Brief Franckes an von Fuchs mit einem Gutachten des Juristen Stryck (s. Anm. 2) bildet den Versuch, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Zur Reaktion von von Fuchs und zur Regelung der Angelegenheit s. Brief Nr. 192, Anm. 4. 2 In seinem Gutachten vom 9.1.1700 versuchte Samuel Stryck (s. Brief Nr. 31, Anm. 21) nachzuweisen, daß dem Kurfürsten allein das Patronatsrecht über die Schulkirche und damit auch |