Extract aus einem Schreiben M: Fr. an C. S.
Was das Tantzen betrift, hat zwar wohl niemand, so viel ich weiß,
daß N. das tanzen verboten, sondern ihr eigen Gewißen sie überzeu-
get, daß es nicht recht sey. Meine Meinung aber davon ist diese; Tan-
zen an sich selbst, oder die Bewegung des Leibes an und vor sich selbst ist nicht
sünde, so wenig als gehen, stehen, liegen. Aber, wen man mich fraget,
ob denn ein Christ auf öffentl. Gelage noch heute zu tage gewöhnlicher
Art tanzen möge? so antworte ich
1) Was nicht aus dem Glauben komt oder gehet ist Sünde. So muß ein
Christ gewiß wißen, daß er mit seinem tanzen Gott wohlgefalle,
oder es ist ihm Sünde, und wenn es gleich an ihm selbst nicht Sünde wäre.
2) Ob gleich die äußerl. Bewegung des Leibes nicht Sünde an sich
selbst ist, ist doch alle wege das Ärgernieß zu verhüten. Wenn die Welt
siehet, daß einer etwas thut, der für einen guten Christen bekand ist, so
machet sie ihr daraus eine Regel, und machet ihren unzüchtigen Huren-
tanz zu einer Lust im Herrn. Die Schwachen in Glauben, wenn sie sehen,
daß einer tanzet, den sie ungezweifelt für einen guten Christen halten, so tan-
zen sie auch wohl, traun aber nicht aus gewißheit des Glaubens, sondern
weil sie ein Exempel für sich haben, und sündigen also mit dem, der sie sündi-
gen gemacht.
3) Warum tanzet ein Christ? daß er nicht für einen sonderling in der
Welt gehalten werde, so prüfe er sich, er ist creutzflüchtig. Oder daß er ihnen
eine Ergezligkeit mache? Ist fleisches Lust, die muß heraus. Wehe dem, der
keine beßere Ergezung weiß. Wer trinket aber Mist-Pfüzen, wenn
er eine schöne klare qvelle hat? Ich geschweige, daß ja ein rechtschaffe-
ner Christ die Gelegenheit zur fleisches Lust meiden muß, was ist aber
leichter, als daß das Fleisch durch einen Tantz mit einer Weibes Person zur
Geilheit gereitzet werde.
4) Gesezt daß ichs im Glauben thun könte, auch ohne gefahr zur Unkeuschheit
gereizet zu werden, wie weiß ich dann, ob auch die Weibes Person, mit der
ich tanzen wil, so stark im Geist ist, als ich zu seyn vermeine. Weiß ichs
aber nicht, warum stürze ich sie in Gefahr zu sündigen?
daß N. das tanzen verboten, sondern ihr eigen Gewißen sie überzeu-
get, daß es nicht recht sey. Meine Meinung aber davon ist diese; Tan-
zen an sich selbst, oder die Bewegung des Leibes an und vor sich selbst ist nicht
sünde, so wenig als gehen, stehen, liegen. Aber, wen man mich fraget,
ob denn ein Christ auf öffentl. Gelage noch heute zu tage gewöhnlicher
Art tanzen möge? so antworte ich
1) Was nicht aus dem Glauben komt oder gehet ist Sünde. So muß ein
Christ gewiß wißen, daß er mit seinem tanzen Gott wohlgefalle,
oder es ist ihm Sünde, und wenn es gleich an ihm selbst nicht Sünde wäre.
2) Ob gleich die äußerl. Bewegung des Leibes nicht Sünde an sich
selbst ist, ist doch alle wege das Ärgernieß zu verhüten. Wenn die Welt
siehet, daß einer etwas thut, der für einen guten Christen bekand ist, so
machet sie ihr daraus eine Regel, und machet ihren unzüchtigen Huren-
tanz zu einer Lust im Herrn. Die Schwachen in Glauben, wenn sie sehen,
daß einer tanzet, den sie ungezweifelt für einen guten Christen halten, so tan-
zen sie auch wohl, traun aber nicht aus gewißheit des Glaubens, sondern
weil sie ein Exempel für sich haben, und sündigen also mit dem, der sie sündi-
gen gemacht.
3) Warum tanzet ein Christ? daß er nicht für einen sonderling in der
Welt gehalten werde, so prüfe er sich, er ist creutzflüchtig. Oder daß er ihnen
eine Ergezligkeit mache? Ist fleisches Lust, die muß heraus. Wehe dem, der
keine beßere Ergezung weiß. Wer trinket aber Mist-Pfüzen, wenn
er eine schöne klare qvelle hat? Ich geschweige, daß ja ein rechtschaffe-
ner Christ die Gelegenheit zur fleisches Lust meiden muß, was ist aber
leichter, als daß das Fleisch durch einen Tantz mit einer Weibes Person zur
Geilheit gereitzet werde.
4) Gesezt daß ichs im Glauben thun könte, auch ohne gefahr zur Unkeuschheit
gereizet zu werden, wie weiß ich dann, ob auch die Weibes Person, mit der
ich tanzen wil, so stark im Geist ist, als ich zu seyn vermeine. Weiß ichs
aber nicht, warum stürze ich sie in Gefahr zu sündigen?