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[Text horizontal in der linken oberen Seitenecke]
 
Das gantze Hauß, u. wen
man von lieben
Freunden zufällig
spricht von mir hertzl.
zu grüßen
 
Mein allerliebstes Kind, Ulm den 19ten
Jan: 1718.
Ich weiß, wenn du meine beyde vorige Briefe empfangen
hast, wirst du dich über meinen hier erhaltenen Sieg er-
freuet u. GOtt dafür hertzlich gelobet haben. Jetzo genieße
ich hier der angenehmen Früchte des Sieges. Im äußer-
lichen zeiget sichs darin, daß, wenn ich auf der Straßen ge-
he, alles voll Ehrerbietung ist, u. ich die Freude u. Liebe
in den Gesichtern sehe. Der innere Sieg aber ist der beste, den
ich schon bei manchen zu meiner Freude wahrgenommen, wie
nemlich die Verkündigung Christi mir Krafft in die Seelen
eingedrungen, darunter ich insonderheit eine Patritier-Tochter,
die Seiterin, gefunden. Doch ist es nicht möglich, daß Alles er-
zehlet werde, wie sich GOttes Hand auf so mancherley Weise da-
bey erzeiget. Heute ist nun hier der letzte tag, da ich, wie
gestern u. vorgestern, herumgehe u. visiten gebe; morgen
früh reisen wir mit GOttes Hülfe nach Augsburg. sind GOttlob alle
gesund, sonderlich ich. Adieu! Freue dich auf den künftigen Segen, u. dancke GOtt
dafür zum voraus. Der Deinige Aug. H. Francke mp.
 
[Text vertikal am linken Seitenrand]
P. S. Ich wollte wohl gern, daß der Herr B. v. Canstein
im Vertrauen auch wißen möchte, was ich dir von meinem
Gebeth u. dessen Erhörung geschrieben u. nur Herrn Freylinghausen,
und Herrn D. Herrenschmidt zu vertrauen anbefohlen habe.
 

Abgedruckt in: Neue Beiträge zur Geschichte August Hermann Francke's,
hrsg. von Gustav Kramer. Halle 1875, S. 50.
Kollationierung: Karsten Hommel