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Theurer Vater in Christo,
 
Jüngst habe mit Herrn Stengern geschrieben, und noch 15 exemplaria ge-
sandt von meiner predigt, so sie noch nicht alle vertheilet sind, bitte
meinem vetter dem barbierer Herrn Uckermann auch ein exemplar
zu senden, als der es sonst übel nehmen würde. Herrn Stengern hat Herr Nico-
lai hier scharff nachgepredigt, weil er vom ministerio solle übel geredt
haben. Sende hiebey einige excerpta von seiner gestrigen predigt. Heute
ist der befehl wegen der commission an mich kommen, welches ich ausgelöset,
werde es dem Herrn Cantzler selbst überreichen, und sehen, daß ichs auch an
Herrn von Seckendorff befordere. Sehe aber daß die commission nur gehet
auff einen gütlichen vergleich in solcher special-Sache, da also noch nichts
vom ministerio gedacht wird. Gott wird weiter helffen. M. Rott soll mei-
ne Predigt wiederlegen wollen. Werde zu ihm senden, so er etwas wieder
mich habe, daß er sich mündlich mit mir bereden möge. Ich mache mich nun
auch an die Leipz[iger] doppelte vertheid[igung]. Bitte doch Herrn M. Schaden, dahin
zu vermögen, daß er es mit Fleiß durchgehe, und mir communicire,
was er nöthig erachtet, zu erinnern, weil es causa communis. Herr M.
Schade hat begehret Nachricht von einem studioso, der bey mir einige
tage gespeiset, ich habe nichts böses selbst von Ihm gesehen, aber von
Herrn Töllnern Prediger zu Panitsch verstanden, daß eben nichts gutes son-
derlich von Ihm zu hoffen, sondern wol nur das land durchgehe. So viel
vor dieses mahl in Eil. Verharre
Gl. an Halle d. 2. Aug. 1692.
Meines theuresten Vaters
Gebetwilligster
M. Aug. H. Francke.
 

Abgedruckt in: Spener, Philipp Jakob: Briefwechsel mit August Hermann Francke (1689-1704). Hg. v. Johannes Wallmann u. Udo Sträter in Zusammenarbeit mit Veronika Albrecht Birkner. Tübingen 2006, S. 145-147.