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Mein theurester Vater in dem Herrn. Beygehendes habe neulich fort-
schicken wollen, es ist mir aber auff alle weise verhindert worden. Herr Kraut
und Herr Stryck intendiren noch gar ernstlich daß ich weg soll, und machen
allerhand consilia, weil nun Herr Kr[aut] wol siehet, daß es mit Kalbe nicht
werde durchdringen, so fället er auff Berlin, da soll einer weichen, daß
ich succediren könne. Ich gedencke an den der in Himmel wohnet, und
bin stille und ruhig. Der wird mich auch stärcken, daß ich nicht menschen mehr
gehorche, als Ihm. Es ist mir wol selbst schon eine zeithero so fürkommen, daß
ich wol hier nicht lange bleiben dürffte. Ich habe aber meine Kinder lieb,
und bleibe gerne bey ihnen, so lange der Herr will. Wird es aber der rechte
ruff, so wird der Herr seine weise, die er bißher mit mir gehalten nicht
brechen, sondern mir seinen willen in mein hertz schreiben. Ehe weiche ich
nicht einen Schritt. Sonst arbeite ich hier noch in gutem Seegen. Herr
Semmler ist nun seines beruffs wegen auch völlig überzeuget, wird es
ja auch wol selbst geschrieben haben. Ich hoffe Gott werde ihn als ein
heilig werckzeug brauchen, als welcher ihn zu einem gefäß vieler
barmhertzigkeit gemachet hat. Einlagen bitte ohnschwer der Frau Schwar-
tzin zu geben, und Herrn Schaden. Ich hoffe ja mein neuliches, darinnen
ein Schreiben an die Frau von Schweinitz gewesen, werde bestellet
seyn. Verharre hiemit der göttl. Gnade erlaßend
Meines theuresten Vaters
Gehorsamer Sohn
M. Augustus Hermann Francke.
Glauche an Halle d.
24 Xbr. 1692.
 

Abgedruckt in: Spener, Philipp Jakob: Briefwechsel mit August Hermann Francke (1689-1704). Hg. v. Johannes Wallmann u. Udo Sträter in Zusammenarbeit mit Veronika Albrecht Birkner. Tübingen 2006, S. 251-252.