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Hochgebohrne Gräfin,
Gnädige Gräfin u. Frau,
Weil Ew. Hochgräfl. Gnaden jüngst eine Nachricht von mir verlanget,
die ich auch geschickt habe, von dem Fürsten Augustus zu Warmsdorff,
und ich gestern von der Fräulein v. Denstaedt inliegenden dahin gehörigen
Brief empfangen habe, so habe ich denselben hiemit unterthänigst commu-
niciren sollen. Es werden nun Ew. Hodgräfl. Gn. selbst iudiciren, was
und wem aus diesem Briefe noch etwas mündlich oder schriftlich ohne
Gefahr und mit Nutzen communiciret werden dürfe. Das Brieflein
bitte mir nur gelegentlich gütigst zu remittiren. Einige gar feine Worte,
die ich in der Frau Gräfin von Bückeburg ihren neulichsten Briefe an
den Herrn Wallbaum gefunden, habe hiebey gelegt, weil sie hoffentlich
erbaulich seyn werden. Ich wünsche auch einmal zu vernehmen, ob sich
der Herr Magister Kleinnicolai an die Übersetzung des Engl. Büchleins,
das von dem Zustand der abgeschiedenen Seelen derer Gläubigen handelt,
gemacht habe. Nebst meiner unterthänigsten Empfehlung an Dero Hochgel.
Herrn Gemahl und das ganze Gott liebende Köstritz meinen in dem
HErrn ergebensten Gruß verharre
Ew. Hochgräfl. Gnaden
unterthänigster Fürbitter
Aug. Hermann Francke.
mpp.
Halle
den 15ten Nov. 1725.
 

Abgedruckt in: Schmidt, Berthold, Meusel, Otto (Hrsg.): A. H. Franckes Briefe an den Grafen Heinrich XXIV. j.L. Reuß zu Köstritz und seine Gemahlin Eleonore aus den Jahren 1704 bis 1727 als Beitrag zur Geschichte des Pietismus. Leipzig 1905, S. 125.