wißen laßen. Meines Vaters Lebens-Lauff, so gut ihn mir die
Meinige übergeben, übersende hierbey. Bitte aber nochmahls, den-
selben nicht zu einiger Überhebung meiner Person anzuwenden.
Der Spruch Syrachs: Laßet uns loben die berühmten Leute: gehet
eigentlich doch auff solche, welche ihres Glaubens und gottlichen Wan-
dels wegen berühmt worden unter den Kindern Gottes. Mag nun
dieses von meinem Vater, den ich in zarter Kindheit verlohren, und
alß von seinem thun wenig weiß, nachgesaget werden mit gutem
Grunde, was könnte mir liebers seyn? In dem allen aber werde
ich zu allen Uberfluß überzeuget von E. H. Hertzl: Liebe gegen
mich. O möchte mir mein Vater im Himmel gute Gelegenheit ver-
leyen, meine ungefärbte gegen-Liebe an den tag zu legen, ich würde
mich darüber von Grund des Hertzens freuen. Traun ist aus sol-
cher verspüreten Gewogenheit E. H. nicht allein gegen mich, son-
dern insonderheit gegen das Werck Gottes ein so kindliches Ver-
trauen entsprungen, daß ich mein Hertz in aller Liebe gegen die-
selbe in diesem Schreiben ausgeschüttet, und mich nicht befürchte, daß
ich ihren Unwillen dadurch erwecken möchte, sondern vielmehr
gantz festiglich hoffe, Gott werde davo//durch// unsere Hertzen noch viel
genauer in dem Bande der Liebe verbinden; Und so auch etwas
so//zu// hart geredet scheinen möchte, werde doch solches biß auff
weitere Erklärung zum besten gekehret werden. Hiermit erlaße
E. H. der Gnade und ewigen Liebe Jesu Christi und verharre
Ew. HochEhrw.
 

Abgedruckt in: Vier Briefe August Hermann Francke's zur zweiten Säcularfeier seines Geburtstages, hrsg. von Gustav Kramer. Halle 1863, Nr. I, S. 1-19.
Kollationierung: Karsten Hommel