Nr. 36 AM. Francke an Ph.J. Spawr 2. 8. 1692
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36. A.H. Francke an Ph.J. Spener
Glaucha, 02. August 1692
Inhalt
Bittet, die kürzlich zugesandten Exemplare seiner Predigt vom 6. So.n.Tr. zu verteilen. — Legt
Exzerpte von Christian Nicolais Predigt gegen Johann Melchior Stenger bei. — Kurfürstlicher
Befehl zur Einsetzung der Untersuchungskommission ist eingetroffen. — Will auf Antwort der
Leipziger theologischen Fakultät auf seine Apologie reagieren.
Überlieferung
A: AFSt/HD 66: 160
D: Kramer, Beiträge, 240
Theurer Vater in Christo,
Jüngst habe mit Herrn Stengern 1 geschrieben 2 , und noch 15 exemplaria ge¬
sandt von meiner predigt 3 , so sie noch nicht alle vertheilet sind, bitte meinem
vetter dem barbierer Herrn Uckermann 4 auch ein exemplar zu senden, als der
es sonst übel nehmen würde. Herrn Stengern hat Herr Nicolai 3 hier scharff 5
nachgepredigt, weil er vom ministerio solle übel geredt haben. Sende hiebey
einige excerpta von seiner gestrigen predigt. 6
Heute ist der befehl wegen der commission 7 an mich kommen, welches ich
ausgelöset, werde es dem Herrn Cantzler 8 selbst überreichen, und sehen, daß
6 Sende ] —D. 6 hiebey ] Hiebey: D.
1 Johann Melchior Stenger (26.9.1638-7.3.1710), geb. in Erfurt; 1654 Studium in Jena,
Leipzig, 1657 in Wittenberg, 1658 in Straßburg, Rückkehr nach Erfurt; 1666 Diakon an der
Predigerkirche in Erfurt, 1670 amtsenthoben wegen terministischer Gnadenlehre; Reisen durch
Norddeutschland nach Brandenburg; 1671 Garnisonsprediger in Berlin, 1673 Pfarrer und In¬
spektor in Storkow, 1676 Pfarrer und Inspektor in Wittstock/Dosse, 1695 vorübergehend sus¬
pendiert (DBA 1222, 377f; ADB 36, 49f; Jöcher 4, 810f; RGG 4 7, 1714; Pfarrerbuch Erfurt,
301; Spener, Frankfurter Briefe 1, Brief Nr. 64, Anm. 1; U. Sträter, Philipp Jakob Spener und
der „Stengersche Streit", in: PuN 18, 1992, 40-79; Wallmann, Theologie und Frömmigkeit,
333—335 u.ö.). — Im sog. Stengerschen Streit hatte Stenger die Auffassung vertreten, daß es für
die vom Menschen zu leistende Buße eine begrenzte Frist gäbe.
2 Nicht ermittelt.
3 Franckes Predigt zum 6. So.n.Tr. 1692 (s. Brief Nr. 28, Anm. 18).
4 Johann Uckermann, Barbier in Berlin, Vetter Franckes (vgl. Uckermann an Francke, Berlin,
13.7.1692, AFSt/H C 820: 1).
5 Christian Nicolai (s. Brief Nr. 34, Anm. 3).
6 Nicht ermittelt.
7 Der kurfürstliche Befehl zur Einsetzung einer Untersuchungskommission zur Schlichtung
der Auseinandersetzungen in Glaucha datiert vom 26.7.1692 (ThStA Altenburg, Familienarchiv
von Seckendorf Nr. 1067, Bl. 196; GStA PK HA I, Rep. 52, Nr. 159b [1531-1699], Bl. 17 r [Ent¬
wurf]; vgl. Lotze, 61; Deppermann, 78).
8 Gottfried von Jena (s. Brief Nr. 16, Anm. 11).