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Nr. 132 Pli.J. Später an A.H. Franckc 27.2.1697
132. Ph.J. Spener an A.H. Francke
Berlin, 27. Februar 1697
Inhalt
Berichtet von erneuter Klage der Bürgerschaft gegen Johann Caspar Schade. Eberhard Christoph
Balthasar von Danckelmann hält Bleiben im Amt für möglich. Propst Franz Julius Lütkens fordert
umfassende Klärung. Sucht weiterhin nach Möglichkeit der Vermittlung. Hält Schade für un¬
einsichtig und die 1696 gedruckte Schrift für gefährlich. Er sollte sich an Miguel de Molinos
Manuductio spiritualis orientieren. — Fragt nach Möglichkeit der Veröffentlichung von Hermann
Rahtmanns Leichenpredigt.
Überlieferung
A: AFSt/H A 125 : 65
D: Kramer, Beiträge, 366—367
Von unsremjesu alle seines leidens krafft, trost und heil!
In demselben hertzlich geliebter bruder, Hochwehrter Herr Gevatter.
Ich habe jüngsthin deßen letztes 1 wol erhalten, und die gnugsame ursach
gesehen, die nicht zugelaßen zu uns zu kommen, da sonsten von deßen lieben
5 gegenwart einigen rath u. trost gehoffet. 2 Die sache mit unsrem lieben Herrn
Schaden 3 will noch nicht zum stände kommen, sondern die verordnete der
bürgerschafft beharren noch darauff er solle wider in seinen ordenlichen
beichtstul gehen, der meinung, das außer dem er nicht bey seinem amt gela¬
ßen werden könte. 4 Und werden sie gestärckt auch von den predigern, die die
lü sache selbs auff die cantzel bringen. 5 Als ich vor 8 tagen von dem Herrn Ober
Präsidenten] von Danckelmann 6 abschied nahm, bezeugte er selbs sein mit¬
leiden mit dem zustand Herrn Schadens, sagte aber, 1. er solte des beichtstuhls
müßig gehen; 2. die sache nicht auff die cantzel bringen, seine collegas 7 die
ihn brauchen zu beurtheilen; 3. nichts ohne censur trucken laßen. Welches
1 Nicht überliefert.
2 Vgl. Speners Wunsch, daß Francke nach Berlin kommen möge, schon am 16.2.1697 (Brief
Nr. 131, Z. 42-46 und Anm. 9).
3 Johann Caspar Schade (s. Brief Nr. 19, Anm. 12).
4 Am 18.2.1697 hatten die Stadtverordneten und Handwerksinnungen in Reaktion auf
Schades undatierte Verteidigungsschrift (s. Brief Nr. 131, Anm. 3) erneut eine Klage beim
Magistrat eingereicht (Kurtze Gegenvorstellung Der Evangelisch Lutherischen Gemeine, Stadt
Verordneten, und vier Gewergke, in Berlin, auf die Von Herren M. Schaden schrifftlich überge-
bene Verantwortung [GStA PK HA II, Rep. 47, Nr. B4, Fase. 18, Bl. 10-13 r ]). Darin ist keine
Kompromißbereitschaft erkennbar: Schade wird aufgefordert, seinen Amtspflichten wieder in der
herkömmlichen Weise nachzukommen.
3 Konkrete Namen werden in der Akte nicht genannt.
6 Eberhard Christoph Balthasar von Danckelmann (s. Brief Nr. 13, Anm. 8).
7 S. Brief Nr. 131, Anm. 10.