602 Nr. 166 AM. Francke an Ph.J. Später 23. 6. 1699 166. A.H. Francke an Ph.J. Spener Halle, 23. Juni 1699 Inhalt Teilt sein Urteil über Jakob Karl Spener, der nach Berlin kommt, mit. — Will sich um den jungen Betzold kümmern. — Justus Samuel Scharschmidt hat eine russische Übersetzung der Anleitung zum Christentum gesandt. — Rat Johann Viktor König will Francke wegen des öffentlich vor¬ gebrachten Vorwurfs, es werde nicht genug gegen Marktschreier getan, beim Kurfürsten an¬ zeigen. Überlieferung A: AFSt/H A 165: 5c D: Kramer, Beiträge, 404-405 Theurester Vater in dem Herrn, Es kommet dann hiermit Geliebter Sohn 1 im N[amen] Gfottes] zu ihnen. 2 Gott hat vielmals hertzliche bewegungen in ihm gegeben, welche aber noch nie zur rechten bestandigkeit kommen sind, jedoch ist er auch nie auf das andere extremum kommen, u. zweifele ich nicht, daß Gott an ihm den Sieg behalten werde. In den studiis haben wir keine Klage über ihn, u. wird er wohl thun, daß er sich bey seiner Rückkunfft auszeichnen läßet, was er hie tractiret, auff daß es seine künfftigen Praeceptores bewahren. In äußerlichen moribus ist er schwer zu corrigiren, und hat es dißfals an der Anweisung u. Erinnerung nicht gefehlet. Es sey alles dem Herrn zu seiner Liebe demüthigst ergeben. Die recommendation des jungen Betzold habe auch angenommen, und wil ihm nicht entstehen alle Liebe zu erweisen. 3 Herrn Scharschmidts 4 Sachen 1 Jakob Karl Spener (s. Brief Nr. 133, Anm. 17). 2 Zu Jakob Karls Wechsel nach Gotha vgl. zuletzt Speners Brief vom 13.6.1699 (Brief Nr. 165, Z. 4-16). 3 Offensichtlich hatte Spener selbst den Sohn des Berliner Schusters Johann Christian Betzold (Petzold), der — von Carl Hildebrand von Canstein (s. Brief Nr. 143, Anm. 1) finanziell geför¬ dert — zunächst für ein Jahr nach Halle kommen sollte (vgl. Johann Christian Betzold an Francke, 1.5.1700, AFSt/H F 11: 349-351; von Canstein an Francke, 26.4.1699 [Canstein/Francke, 56]), Francke empfohlen. Ein knappes Jahr später hatte der junge Betzold Halle mit einem Minimum an eigener Habe tatsächlich wieder verlassen — allerdings zu Fuß nach Prag, wo er sich wegen einer Krankheit pflegen ließ (vgl. AFSt/H, aaO, 348). Als Grund gab er an, er sei in Halle „so Mühserabeil gehalden worden das er nicht hette bleiben können" (AFSt/H, aaO, 350). Von alledem erfuhr der Vater, abgesehen davon, daß von Canstein ihm im April 1700 „ein wenig die Wahrheit" sagte (von Canstein an Francke, 14.4.1700 [Canstein/Francke, 82]), daß nämlich sein Sohn „garstig sich verhalden und nicht wol gelebet" hätte (AFSt/H, aaO, 350; vgl. auch von Canstein an Francke, 15.5.1700: der Sohn sei „ein verwegener mensch" [Canstein/Francke, 87]), nur auf Umwegen. Er bat Francke am 1.5.1700 deshalb um eine Erklärung zu den Vorgängen (AFSt/H, aaO, 351). 4 Justus Samuel Scharschmidt (s. Brief Nr. 111, Anm. 5). |