ich mein Ohr mit dem falschen Gedanken hinweg, an daß ich noch im späteren Alter Zeit finden
würde mich zu bekehren oder mein Leben zu bessern. – Uebrigens verwante ich diese Zeit noch mich im
Wissenschaftlichen zu vervollkommenen u. besuchte Schule bis die Zeit herangenaht war, da ich mich entschließen,
sollte mich einem Berufe //zu// widmen. Leichtsinnig wie in allem entschied ich in dieser Sache u. bestimmte mich bald
für die Handlung. Verließ auch in kurzer Zeit meine Vaterstadt u. trat in Swinemünde bey Herrn Z. in
seine Geschäfte ein. Dies ist der kleine liebliche Ort auf der großen Weltkugel, auf dem ich oft mit segnen-
der u. danckerfüllter Seele, rückerinnernd der dort selig verlebten Tage, verweilte, u. an dem ich nur mit
Danckbarkeit gegen Gott u. Menschen denken kann. Und wenn mein Fuß noch Einmal den deutschen Boden beträte
so würde meine Sehnsucht mich dorthin leiten. – Ich war noch nicht ein volles Jahr da gewesen, da ich meine
Wahl bereute u. mit meiner Lage nicht zufrieden war. Die wahre Ursache, waren nicht so sehr äußere Umstände,
als zu vielmehr die Unzufriedenheit welche in meinem Herzen wohnte. Ich war sehr gewiß diese Beschäftigung
wieder zu verlassen, welches wircklich würde geschehen seyn hätte nicht eine meiner Tanten mich überredet.
Die Trennung von meinem geliebten Großvater hatte einen tiefen wehmüthigen Eindruck auf meine Seele gemacht.
welcher sich sehr leicht und oft erneute. Ich liebte diesen würdigen Greis wie mein eignes Leben, u. ich konnte dem sich
mir oft unwillkührlichen Gedanken nicht ausweichen; ob ich ihn noch Einmal wiedersehen würde? u. um Fall er
stürbe ob ich in jener Welt ihn sehen würde? Ich konnte nur mit Bangen, zitterndem Hoffen an den letzten denken
u. war fern nur der Zuversicht die nahe an Gewißheit grenzt. – Ich war noch immer derselbe. wie Doch im Jahre
1805 an einem schönen Frühjahr Abend, da ich allein im Zimmer saß u. die Sonne ihre letzten Strahlen noch
in meine Fenster sandte; saß ich und laß mit ingekehrter Seele den Aufsatz meine Großvaters, welchen ich am Confir-
mations Tage von ihm erhielt, u. es brach die Morgenröthe meine künftigen besseren, zufriedeneren, glück-
licheren Lebens an. Ich gab der Ueberzeugung raum daß ich, wenn ich in dem gegenwärtigen Zustande stürbe, nicht
selig werden könnte, da ich schon in diesem Leben, die Vorbereitung zu jenem, mich unzufrieden u. unselig fühlte.
Es wurde mein erster Wunsch zu wissen wie ich mit meinem Gott, u. mit mir selbst stünde; ich floh nicht hinweg
vor meinem Gewißen, nicht vor den Androhungen des Wortes Gottes. Und ich fand und erkannte mich als Sünder u.
mußte gestehen daß ich meine einmal begangenen Sünden nie wieder vergüten könnte durch mich selbst; u. von von meiner eignen Erfahrung war ich sattsam belehrt, daß ich durch eigene Kräfte nicht gut [von] werden könnte; Was
aber denn thun? Mit dieser Frage, gleich der Frage im Acto 2,37 ging ich einige Tage umher betende u. um
Licht zu Gott rufend, wenn ich die Worte //zum// zuersten male mehr u. besser verstand u. als für mich gehörend las
die Jesus Xstus selbst sagte: kommet her zu mir die ihr mühselig u. beladen seyd, ich will euch erquicken u. s. w.
Da fing ich an wahrhaftig an Jesum Xstum zu glauben, ich schmiegte mich, gleichsam in Gebeten an seine unaussprech-
liche Huld an u. rief mit Jacob: Ich lasse dich nicht du segnest mich denn! Es wurde mein größtes u. für die Zeit mein
einziges Verlangen Vergebung aller meiner Sünde zu erlangen. Ich schrieb in dieser Stimmung an meinen l.
Großvater u. erbath mir seinen Rath, welchen er mir in einem Antwortschreiben gab indem er mich zu Jesu
Xsto als meinen einzigen Heyland u. Erlöser u. Versöhner zeigte. Ich konnte auch nach einigen Tagen mit Freudigkeit
jenen Samariter nachsagen Joh. 4,42 Ich glaube nun fort nicht um deiner Rede willen; ich habe selbst
gehört u. erkannt daß dieser ist wahrlich //Xtus // der Welt Heiland!“ – Ich erfuhr nun was der Apostel meinet da
er sagt. „Der Friede Gottes ist über alle Vernunft.“ – Meine Seele war des Friedens u. der Ruhe voll u.
ich fühlte mich im wahrem verstande des Worts zufrieden u. glücklich. Jesu Xtus war mir das Höchste, u. mein
Lieblings-Gedanke war ihm ähnlich zu werden, ja dies war der Zielpunkt alles meines Bestrebens, u. der Mittel-
punkt aller meiner Wünsche. Das Wort Gottes wurde mehr u. mehr von mir erkannt als die einzige Perle werth
aller Besitzungen, die so lange gleichsam im Acker verborgen lag und nun gefunden wurde; dies Buch welches früher
mich verdammte; rechtfertigt mich nun u. zeugt von meiner Seligkeit. Ich hatte nun den Zweck meines Lebens ge-
lernt u. lebte für zwey Welten, lernte daher die Dinge dieser Erde nach ihrem wahren Gehalten schätzen zu welchen
ich früher den Maasstab nicht kannte. In Folge von diesem lernete ich jetzt den Werth der Zeit kennen u. kaufte
sie aus indem ich sie zu benutzen mich bemühte, u. hier wurde Selbstvervollkommnung der Gegenstand
meiner ernsthafteren Bemühungen mit der Absicht zur Ehre Gottes u. zum Nutzen meiner Mitmenschen
zu leben. – Zu dieser Zeit zog ich mich zurück von eitlen Gesellschaften u. widmete meine Zeit besonders
dem Studium der Sprachen u. der Geschichte. Ich hatte das Vergnügen eine mir immer theuer bleibende
Bekantschaft mit den Söhnen des Herrn Justizraths W… zu machen, die mit der Zeit zu einer reinen
u. aufrichtigen Freundschaft anwuchs u. darin Glück Genuß uns gewährte den nur uneigennützige, reine
Freundschaft kennt u. gewährt. – Der Geheime Rath K. erzeugte sich gegen mich mit besonderer Güte, kaum
hatte er es bemerckt daß ich mich bemühte, mich meinen Mitmenschen durch Gottes gnädigen Beystand nütz-
licher zu machen, wenn er sich gleich bereitwillig zeigte mir dazu Hülfsmittel an die Hand zu geben. Er richte-
te meine Aufmerksamkeit auf das, welches er das Nöthigste glaubte, u. gab mir einen Plan nach dem
ich be arbeiten möchte. Er versah mich mit den nöthigen Büchern u. veranstaltete, ein daß ich mit seinem
Hauslehrer Herrn Doktor … näher bekandt wurde, denn ich von der Zeit an beynahe täglich besuchte, u. wesent-
liche Dienste u. Handreichungen in meinem Studiren zu verdanken habe. Ich erinnere mich noch oft der
angenehmen Stunden die wir zusammen verlebten, u. fühlte den wärmsten Danck für alle Güte die mir
in Swinemunde erzeigt worden ist. Auch bemerke ich hier mit wahrem Danckgefühl die gütige Unterstützung
welche ich von dem gegenwärtigen Herrn Baurath H. _ genoß, der mich in meinem Studium der
Mathematik leitete u. besonders damals in die theoretische Geometrie mich einleitete u. die besondere
Lieblings-Neigung für dieses Studium in mich erweckte. Herzlichen Dank widme ich diesen meinen ver-
ehrten Freunde! Keiner dieser meiner geehrten Wohlthäter möchte dermaleinst in jener seligen Welt ver-
missen! – Undank würde es seyn, wenn ich die Güte meines damaligen Prinzipals Herrn L. – mit Still-
schweigen übergehen wollte, welcher mir nicht nur die Zeit zu meinen eignen Arbeiten erlaubte,
sondern mich auch seines Vertrauens u. //seiner// Liebe würdigte. Ich zolle allen meinen aufrichtigsten Dank Dank!
Neben verschiedenen Werken über Philosophie und Logik, auf welche ich der Zeit meine besondere Aufmerksam-
keit richtete las ich verschiedene //mehrere// Erbauungsbücher u. aesthetische Schriften, welche mir von meinem l. Groß-
vater zugeschickt. So war ich von Morgen bis zum Abend beschäftiget u. verlebte jene Tage recht glücklich. Unter
den Erbauungsschriften fand ich auch einige die mir einen richtigen Begriff von den verschieden Missio-
nen unter die Heiden gaben u. zugleich ein Interesse in meiner Seele für diesen Gegenstand
weckten. Beym Lesen der Lebensgeschichte des Herrn Missionar Schulze der von Halle zu dem Israelitischen
Volke ausgesandt wurde, wurde besonders dieser Wunsch mich dem Missions Werke zu widmen rege
in mir. Ich machte meinen lieben Großvater mit diesem meinem Entschluße bekannt, daß wenn es
Gottes gnädiger Wille wäre, ich mich sehr geneigt fühlte, mich dem Missionswerke zu widmen. In einem
Schreiben bemühte er sich, mir klare Begriffe von der Sache selbst zu geben, u. mir die Schwierigkeiten
u. Beschwerlichkeiten im wahren Lichte darzustellen, u. nach einer Zeit hinreichend zur reiflichen u. genug-
samen Ueberlegung dieser Sache entschloß ich mich bey meinem Vornehmen zu bleiben, worauf er, wenn ich
es ihm geschrieben hatte, er mir seinen väterlichen u. gutgemeinten Rath mittheilte, der ungefähr dies
besagte; daß ich keinen Schritt in dieser wichtigen Sache thun sollte, wenn nicht die Göttliche Vorsehung
mich dazu hinleitet u. aus meiner gegenwärtigen Lage hinaushebe. Wäre es der Wille des Herrn
mich zu diesem Wercke zu gebrauchen, so würde er auch meine Wege dazu bahnen u. die nähern Um-
stände anordnen u. mich gewiß nicht unwissend davon lassen, sondern schon zur rechten Zeit durch
Umstände oder Personen ,daz davon zu unterrichten. Nur gottergeben, gottvertrauend sollte ich in meinen
Vorbereitungen fortfahren u. dem Herrn meinem Gott um Weisheit u. Leitung bitten. Dieses leuchte mir ganz ein
u. ich war bereit zu folgen.
Nach einem noch längeren Aufenthalt von ungefehr zwey Jahren verließ ich Swinemunde und kehrte zu
meiner Vaterstadt zurück wo ich mich in der Gesellschaft meines l. Großvaters ungefähr Ein Jahr aufhielte u.
im Familienkreise manche selige Stunde genoß. Besonders vergeße ich nicht einen Abend, an welchem sich
die Seele meines alten würdigen Freundes in Anbetung ergoß, indem er die oftmals erfahrene Hülfe
Gottes u. die vielfachen Proben v. der Treue seines Heilandes erzählte u. uns seinen Gott anpries! Er saß da der
würdige alte, von einigen seiner Kinder umgeben u. versuchte von seinem ihn so unvergleichlich theuren Heiland
zu sprechen; aber Worte fehlten ihm u. Begriffe waren zu begränzt um das alles auszusprechen, was ihm sein Jesus
war. Er richtete daher sein Auge dahin, wohin er alle seine köstlichsten Hoffnungen erfüllt zu sehen glaubte,
u. die köstlichste aller, Jesum Xtum selbst zu sehen. Er freuete sich mit einer überirdischen Freude der
seligen Ewigkeit, wo alle Unvollkommenheit u. sogar die Sünde, seine größte Last auf Erden – weichen würde. In dieser
Zeit war mein Verlangen mich der Mission zu widmen so stark geworden, daß es mir Mühe kostete u. eine
Verleugnung für mich war noch länger zu warten. Doch so gefiel es dem Herrn der mich noch mehr vorbereiten
wollte. Und diese fernere Vorbereitung war von der besten Hand für mich in Altona aufgehoben in dem (Altona)
für mich unvergeßlichen Hause des Herrn J. G. van der Smissen wohin ich im Frühjahr 1810 reisete. Da ich meine
geliebte Vaterstadt verließ, nahm am Morgen des Abschiedtages mein würdiger Großvater mich mit sich zu seinem
Gebet, welches er gewöhnlich jeden Morgen that; aber, als wenn ob er unser letztes Zusammenseyn für dies Erdenleben
geahnet hätte, legte er nach dem Gebete mit vieler Feyerlichkeit seine Hände auf mein Haupt u. ertheilte
mir den Seegen; jedes seiner Worte durchdrang mein Herz u. war als käme es von einer andern
Welt. Ernst u. Feyerlichkeit sprach sich in jedem seiner Worte aus, u. Wehmuth u. himmliche Wonne drückte sich auf
seinem Gesichte, welches ein Spiegel seines Herzens war, aus u. So schied ich bis zum Wiedersehen ins bessere
Leben von meinem theuersten u. köstlichsten Freunde auf Erden. Der mir der Liebste war unter allen
Sterblichen, u. dessen Asche ich nun mit einer stillen Thräne segne. O, ruhe du ungestört in deinem Grabe
bis zu jenem großen Auferstehungs-Morgen! – Nach einer ganz ziemlich beschwerlichen //Post//-Reise , welche ich über
Anclam machte, wo ich einige angenehme Tage bey dem Herrn Kantor R . . . verlebte, welcher der Vater meines oben
erwähnten Freundes ist; u. über Mecklenburg gelangte ich in Altona an, u. fand eine sehr liebvolle Aufnahme
die