EbenEzer den 12. Jenner
1789.
pr. 28. Apr. __
Theuerster Herr Inspector,
Geliebter Vater im Herrn!
Der Herr hat große Barmhertzigkeit in den verflossenen 88. Jahre
an mir erwiesen, so daß ich mit frölichen Hertzen den Gesang anstim-
me N. 807. O! daß ich tausend Zungen hätte. Vom 22. Septbr. 88
bis in die Hälfte des Octbrs. war ich einige mal in Todesnöthen, daß mensch-
lichen Ansehen nach mein Leben wie an einen Faden hieng und daß man
alle Hofnung meiner Wiederherstellung gäntzlich aufgab. Von einen starken
und tödtlich hitzigen Fieber und Gichten ward ich dermasen überfallen, daß ich
zu manchen Zeiten ausser mir war. Hierauf bekam ich solche heftige Verstopfun-
gen, daß ich es nicht mit Worten beschreiben kann, welche penetrante Schmer-
tzen ich dabey empfand. Sie hielten 7 Tage an. Den 7. Tag aber
war es nicht anders, als wenn ich mit Zangen gerissen würde. Aber in
der Stunde, wo ich meinte Jesus würde meine Seele zu sich nehmen, er-
langte ich schleunige Hülfe, nicht von Menschen, sondern von dem, der
da heist Wunderbar, Rath, der starke Gott. Es wurde mir einen gutes
Kräuter Pflaster aufgelegt, und einige Tropfen eingegeben, ich wurde alsdenn
vom HErrn mit einen sanften Schlaf erquicket, da ich 6 Tage lang keine
Auge zuthun konnte, und mit den grösten Schmertzen zu kämpfen hatte.
Die äußerlichen Mittel konnten das nicht bewirken, ob gleich der HErr auch
dafür zu preisen ist, wenn nicht Hülfe von oben kam. Den Glauben wollte
ich mir um alles in der Welt nicht nehmen lassen. – Als dann stellte
sich das kalte tägliche Fieber ein, welches bis an die WeynachtsFeiertage an-
hielt. Die Folgen und Wirkungen davon spüre ich jetzt noch. Mein Haar
geth mir stark aus, und in den Gliedern empfinde ich große Mattigkeit.
Bis hierher hat der HErr geholffen, er wird auch weiter helffen. Mir
war der schöne Gesang N. 100, der den sel. Pastor Freylinghausen zum Ver-
fasser hat, in meinen hitzigen Fieber eine große und erquickende Labung,
nebst den KernSprüchen der Heil. Schrift. Der HErr hat großes an mir
gethan, Lobe, lobe meine Seele den, der heist Herr Zebaoth. N. 797. Ps. 103,
1-4. Als ich Dero liebes Schreiben erhielt, war ich krank, jedoch
wurde die Krankheit durch die tröstlichen Ermunterungen gelindert.
Der HErr segne Sie reichlich dafür, wie ich nochmals für alle väterliche
Liebe, die Sie mir in Halle erwiesen, und für alle Gedult, mit wel-
cher Sie mich trugen, aufrichtigen und hertzlichen Dank sage. Georgien