Ich stelle mir mein Ende täglich für, und mache mich in den Wun-
den meines lieben Herrn Jesu Christi auf die Reise zur
seligen Ewigkeit fertig, wo ich alle meine Werthe Väter
Breithaupt, Francke, Anton u. alle vollendete Gerechte
vor dem Thron des Lammes finden, u. mich nach so kur-
tzer Arbeit u. Leiden ewig freuen werde. Unsere ietzt
noch lebende Werthe Väter u. Brüder, die ich zum Theil
von Angesicht kenne, werden vor oder nach mir auch da-
hinkommen. Wie vergnügt sind meine Gedancken u. Vor-
stellungen des Gemüths; wie selig und herlich aber wird
die Erfahrung selber seyn? Läst es der barmhertzige Gott
so weit kommen, daß meine Knaben in Halle nach Seel
u. Leib versorgt sind, so werde ihrenthalben ohne Sorgen
sterben, wenn mein Stündlein herbey nahen solte. Jetzt bin
ich Gott Lob! noch wohl auf, u. der etwas beschwerliche
Sommer: (der doch dismal gar erträglich gewesen) geht ietzt
auch zu Ende. Meine Ehe Gehülffin ist an der Dysenterie
gefährlich kranck, u. zwar schon seit 3 Monath. Die Essent.
dulcis hat ihr am besten gethan, sie geht aber nach u. nach
zu Ende. Von dem ihr so nützlichen Bals. Cephal. nerv.
haben wir in den letzten Artzeney-Kästlein gar nichts bekommen.
Vieleicht beschert uns Gott bald wieder etwas: ich bitte deßen
zu gedencken, wenn Sie nach Halle schreiben. Sonst sind die
meinigen, mein redlicher Collega u. die Seinige, auch die
Glieder unserer Gemeine (außer den Dienstboten) wohl auf.
Sie leben in guter Ordnung, brauchen die Mittel des Heils fleis-
sig, u. an manchen offenbaret sich die Krafft des göttlichen
Worts zur Beförderung eines Gottseligen Lebens. Vor einigen
Wochen entstand eine Irrung unter den Gliedern der Ge-
meine, die aber aus keinem bösen Grunde hergekommen.
Weil mündliche Zurechtweisung des einen u. des andern
nicht zureichen wolte, so verfertigte den hierbey gelegte Auf-
satz. Nun wird der so nöthige u. nützliche Bau einer
neuen Brett Mühle mit Freuden angegriffen werden, u. also
hat Gott diese schrifftliche Vorstellung gesegnet, auch uns
schon einige gar merckwürdige Fustapffen s. Vorsorge bey
diesen vorhabenden Bau spüren laßen; davon etwa zur andern
Zeit. Wollen Sie den Aufsatz dem Werthen Herrn Sen. Urlsperg.
communiciren, so bin wohl zu frieden. Ich bitte an die Wer-
then Väter das Diarium zu senden, u. ihnen meinen und
aller der Unsrigen hertzl. Gruß u. Seegenswunsch zu melden. Be-
sonders grüßen wir Sie u. den theuren Herrn HoffPr. Ziegenhagen,
u. ich verharre
Tuus ex animo J. M. Bolzius