Extract aus einem Schreiben der Herren Miss. in Tranquebar //aus Teutschland//
de dato den 14ten Octobr. 1714
Euere Personen Werck und Amt werden mir und allen, die Gottes Ehre
lieben, und in der Einfalt wandeln, immer werther und angenehmer;
Dieses aber mag nicht verhindern, daß wir euch nicht frey eröffnen solten, was
andere in Europa von euch dencken und urtheilen, und zwar nicht rohe Welt-
kinder noch alzu hochfliegende Geister, als welchen man wohl nichts recht machen
möchte; sondern solche, welche zum wenigsten scheinen ohne passionen von euch
zu raisoniren. Sie meynen, Ihr hättet wohl einen Eyfer, aber es sey
derselbe nicht weislich genug von Anfang moderiret worden. Würdet
ihr, zumahl im Anfang nicht so eyfrig gewesen seyn, so würdet ihr
mit dem Commandanten wohl beßer stehen; Ihr wäret junge Leute,
die dasigen statum damahls nicht gewust noch verstanden hätten, und hättet
euch eingebildet, daß Euer Character, königl. Missionarii dem Comman-
labeldanten und andern eine Furcht einjagen solte, wie es in Europa
thun möchte. p.
Ich kan nun nicht leugnen, daß ich in den ersten Jahren öfters gar
sehr in meinem Hertzen gewünschet, daß man mit mehrerer Submission
mit dem Commandanten und andern umgegangen wäre, auch ge-
glaubet, daß es in manchen Stücken so dann nicht würde so weit ge-
kommen seyn. Wenn ich mir des seel. Doct. Speneri, Herrn D.
Breithaupts und anderer Theologorum, die in ihren Aemtern mit
Politicis viel zu thun haben müßen, vorgestellet, und der Missionarien
modum agendi, wie er sonderlich in denen ersten Jahren gewesen, dagegen
gehalten; so habe ich eine sehr große Ungleichheit //darinn// erkant, was die Prudence,
die Submission, die moderation, gelinde, demütige, und dabey doch zu völliger
Überzeugung gerichtete remonstration, und insonderheit precarium agendi
modum anlanget, auch wo sie gantz unbilligen Widerstand gefunden, und
es ihnen an der königl. Gnade nicht gemangelt. Dieses schreibe ich so,
die weil ich gedencke, wenn Ihr euch diese und dergleichen Männer zu
einem Spiegel vorstellet, so werdet ihr selber leicht erkennen, daß das oben
angeführte raisonnement, so man in Europa, und zwar insonderheit
in Dennemark, Engeland und Teutschland ietzo über euch führet, solche Männer
nicht würde betroffen haben, als welche allenthalben mit mehrern
respect, Behutsamkeit und Lindigkeit würden verfahren haben; auch
etwan den Stein, den sie offenbarlich nicht wegwältzen können, un-
bewegt gelaßen, und darunter im Glauben und Geduldt unter
anhaltenden Gebeth u. Seufzen auf die Hülffe des lebendigen Gottes
gewartet haben. Ich leugne auch dieses nicht, daß wenn ihr in eu-
ren Briefen bis auf diesen Tag so viel Hoffnung auf die königl. Hülfe
habet blicken laßen, und allerley dahin abzielende Vorschläge gethan,
daß ich zwar darinne euch nicht beurtheilet habe, auch so viel an mir
gewesen contribuiret, daß ihr alle erwünschte satisfaction erlangen