EbenEzer in Georgien
den 20. May.
1788. pr. 17. Sept.
Theuerster Vater im HErrn!
Am 18. May 88. erhielt ich nach der Vesper Predigt am Trinitatis Sonntag da ich
ziemlich abgemattet war (denn es ist hier zu Lande im May schon ziemlich heiß) Dero
angenehmes und aufrichtendes Schreiben, Halle den 16. Nov. 87 nebst dem Schrei-
ben und ertheilten Vollmacht Ihro Hochwürden des Herrn Doctor Schultze. Den 11. May
erhielt ich auch einen Brief vom Herrn Probst, ich begehre vom ihm weder Bücher noch
die 4 Guinees, sie sind ihm geschenkt. Mehr kann ich ihn aber auch nicht geben. Wäre es
in meinen Vermögen, so wollte ich ihm seine gantze Erbschaft ersetzen. Hierinn verdient
er wahres Mitleiden, und das Betragen seiner Schwester ist unverantwortlich,
sie muß gantz gefühllos seyn, daß sie ihren leiblichen Bruder, dem sie ihren Wohl-
standt mit zu verdanken hat, nicht einen Bissen Brod giebt. Im vorigen Jahr erhielt
ich auch einen, wovon ich dem lieben Herrn Huberth Nachricht gegeben habe in
welchen er mir die vielen Gefälligkeiten vorwirft, die er sowohl an mir,
als an EbenEzer bewiesen. Das hat mich nicht wenig bekümmert gemacht. Eini-
ge Tage vorher war ich in Todesnöthen, weil sich zu meinen Fieber noch ein hef-
tiges Seitenstechen und eine gäntzliche Verstopfung einfand. Da ich den fürch-
terlichen Brief erhielt, muste ich mich durch zwey Personen ins Bette hinein und
auch wieder heraustragen lassen. Hätte dieses der gute Mann gewust, er
würde gewiß seinen aufbrausenden Leidenschaften Einhalt gethan haben.
Zu dieser Kränkung, da ich schon genug mit körperlichen Schmertzen zu kämpfen
zu bethen und zu flehen hatte, kamen noch unbarmhertzige Urtheile von einigen
übelgesinnten und bösartigen Gliedern der Gemeine, die am Ende doch große
Schande zum Lohn einerndeten, weil sie als Lügner erfunden worden sind. Man
beschuldigte mich, da ich gleichsam in den letzten Zügen lag, ich machte mir bequeme
Tage und wollte nicht predigen, da ich doch während meinen Fiebernöthen
im Winter gepredigt. Wenngleich in der Winterszeit kein Schnee fällt (wenig-
stens ist dieser Fall sehr selten, seit EbenEzers Errichtung ist es etwa 4.5. mahl
geschehen) so ist doch die Kälte und die wütenden Nordwinde äußerst empfindlich
da man im Sommer von der Hitze gantz abgemergelt wird. Der HErr hat mir
nun gnädig durchgeholffen, wer seinen Nahmen anruft, wird nicht zu Schanden.
Von Johannen 87 bis Ostern 88 habe ich mich mit den heftig angreiffenden 3tä-
gigen Fieber herumtragen müssen. Herr Dr. Urlsperger hätte aber auch
mit seinen zweiten Prediger bleiben können, wo er //war//, ich habe mich ja doch noch
nicht um die erste Stelle beworben und eindringen wollen. Herr Probst hat
An dem Herrn Insp. Fabricius.