angegriffen, weil ich noch sehr zurück war, u. gern schnelle Schritte thun wollte.
Ich wurde kränklich, u. mußte sonderlich 1784. sehr oft aus der Schule blei-
ben.
Am 25. Oct. 1782. klagte mir meine liebe Mutter, als ich um
12 Uhr aus der Schule kam, es wäre ihr sehr übel, u. sie würde nun
bald sterben. Ich wurde sehr betrübt, hofte aber doch sie noch recht lange
zu behalten. Sie richtet das Essen zwar an, aß aber nichts, u. sondern saß
da u. verwandte kein Auge von mir. Auch ich konte vor tiefem Schmerz
nicht viel essen, stand also auf, ging traurig im Garten umher u.
seufzte für ihre Erhaltung. Als ich aber um 1. Uhr wieder in die Stube
kam, fand ich sie zum größten Entsetzen ganz sinnenlos. Es wurden
alle Mittel angewandt; aber nichts hat geholfen. Doch sahe man bis
gegen 6. Uhr Abends Spuren des Lebens an ihr. Mein Vater, ich mit
meinen 6. Geschwistern, verschiedene Blutsfreunde u. Bekannte standen
in traurigen Gruppen um ihr Bette herum, wünschten uns den
letzten Segen einer so theuren Mutter, wünschten endl. nur
noch einen Blick, nur noch einen Laut von ihr; aber ihr Geist
war vielleicht nicht mehr hienieden. Es war so der Wille des Herrn
ihr die in ihrem ganzen Leben so sehr viel litte, auf ihrem Sterbebet-
te keine Leiden mehr zu schicken. Der Herr Prediger Servus hielt
bey ihrem Sarge eine sehr rührende Rede über Off. Joh. 7, 13-1[?]
Der Schmerz über diesen so großen u. so plötzlichen Verlust,
war unbeschreiblich. - Wir weinten - erzählten dann einer dem an-
dern, wie sie uns geliebt, was sie für uns gethan hatte, und -
weinten wieder -. Drey ihrer Freundinnen erzählten wie sie den
Abend vor ihrem Tode zu einer jeden von ihnen gekommen wäre, wie
sie im eröfnen der Thür vergnügt gesagt hätte: ich muß doch noch
einmal zu euch kommen u. Abschied von euch nehmen; denn ich werde
bald sterben, u. bin das letztemal bey euch. Diese ihre Vertrau-
lichkeit mit dem Tode gab uns etwas Trost, wir dankten Gott,
daß er sie so sanft uns entnahm, u. - weinten wieder.
Mein liebster Vater wurde vor tiefem Schmerz immer schwächer; denn er
hatte 35. Jahr in der besten Ehe mit ihr gelebt. Endlich kam er auf
ein hartes und langwieriges Krankenlager. Er hatte die Brust-
wassersucht u. war geschwollen. Es war bejammerns würdig anzuse-
hen u. anzuhören, wenn er Luft schöpfen wolte, u. keine bekommen
konte! - u. dies währte 4. ganze Monate! - Seine Gelassenheit u.
ausharrende Geduld waren zu bewundern. - Vielleicht hat ihn
Gott darum einen so bittern Kelch eingeschenckt damit wir ihn frey-
willig u. dankbar Ihm, der ihn uns zum Vater gab, wieder zurück
geben möchten. Er starb den 25ten. März 1784. Durch seine Krank-
heit u. wegen der Betrübniß über seinen Verlust u. meine
gänzliche Verwaisung bin ich öfters vom Studiren abgehalten
worden. - Der Herr Director Hecker war so geneigt mir
nach dem Tode meines Vaters eine freye Wohnung auf
dem Pädagogium zu geben.
Also ist mein Wunsch bey dem Sterbette meiner lieben El-
tern seyn zu können erfüllt worden! - Auch dafür sey dir