Zur Einleitung in meine eigene Lebens Geschichte will ich die Haupt Umstände welche mir aus den Erzäh-
lungen meines seligen Vaters; Anton Wilhelm Horst von seinem Leben noch erinnerlich sind anführen.
Er ward gebohren den 1sten August 1714, wie ich glaube in Burghasungen einem Landgräflich Heßen
Kaßelschen Gute, wenigstens besaß mein sel. Großvater, Jobst Horst daßelbe in meines sel. Vaters Kinderjahren
pachtweise. Meine Großmutter war eine gebohrene Hillen. Der Geschwister waren dreizehn, zehn Söhne und
drei Töchter, von welchen leztern ich nichts gewißes weiß. Sie wurden zur Gottesfurcht angeführt und sehr strenge
erzogen, ihnen wurden Hauslehrer gehalten, welche nach dem alten Schlendrian das Studium der Latinität beiden
Knaben zur Hauptsache machen mußten. Mein sel. Vater war beständig kränklich, und würde vielleicht
untergelegen haben, wen nicht öfteres Reiten, welches seine Favoritneigung war seine Natur abgehärtet
hätte. Er magte etwan sechszehn Jahr alt seyn, das mein sel. Großvater starb und in seinem siebzehnten Jahre
vereinigten sich alle seine bisherigen Krankheiten und formirten eine Art von hectischen Fieber, welches drei Jahre
lang dauerte, ihn aber endlich ohne Arzenei verließ; und von da an schenkte ihm Gott vierzig Jahre lang eine sehr
robuste Leibes Constitution - und fast ununterbrochene Gesundheit, außer daß er im Jahr 1740 die Masern hatte.
Um das Jahr 1731 oder 1735, nahm er Dienste als Fourier beym Hannoverschen Regiment von Schöden in Hoff-
nung in dem damaligen Kriege mit den Franzosen sein Glück zu machen. Da aber der Friede bald darauf zustan-
de kam, so nahm er seinen Abschied, nachdem er etwan drei Jahr, theils im Felde, theils in Haarburg, wo obi-
ges Regiment in Garnison gelegt wurd in Kriegsdiensten gestanden hatte. Die Civil Baukunst
hatte er bereits theoretisch gelernt, nun legte er sich etwa ein Jahr lang auf die practische Anwendung
dieser Theorie, unter Anleitung des Hannöverschen Oberlandbaumeisters Herrn Otto von Bonn und
war sodann acht Jahr lang Bau Conducteur in Hannoverschen Diensten. In dieser Zeit wurd er mit der
Demoiselle Veronica Beata Lucia Voigt einer Tochter des Oberamtmann Voigt zu Westen bekannt.
Beide faßten eine Zuneigung zu einander und hätten sich gern verheirathet, wenn es der Eltern
Wille geweßen wäre. Da aber mein sel. Vater reformirt und Mamsell Voigt lutherisch war, so ward sie
gezwungen, dem Hofmedicus Dr. Heimann die Hand zu geben. Von ihm hatte sie einen Sohn, der in den
Kinderjahren starb. Etwan um das Jahr 1747 oder 1748 wurd mein sel. Vater nach Schwerin zum Land-
baumeister berufen, welcher Bedienung er zehn Jahre lang unter Herzog Christian Ludwig und zwei Jahr
unter Herzog Friedrich vorstand. Die nachherigen Schikanen eines mächtigen Herren an Herzog Friedrichs
Hofe erschwerten ihm seine schon an sich selbst sehr mühsame Bedienung, und da ihm noch dazu auf An-
stiften dieses Herrn, die vom Hochseligen Herzog Christian Ludwig gegebene jährliche Zulage von
200 Reichstalern eingezogen wurd, nahm er um das Jahr 1759 oder 1760 seine Dimißion.
Beinahe um dieselbe Zeit heirathete er meine sel. Mutter Veronica Beata Lucia, gebohrne Voigt,
damals Witwe des Dr. Heimann, welche ungefähr vierzig Jahre alt seyn mogte. Sie waren etwan
zwey Jahre verehelicht als sie zu Wittenburg ungefähr vier Meilen von Schwerin durch meine Ge-
burt erfreuet wurden. Diesen Vorgang zeichnete mein sel. Vater in seine große Hausbiebel
ein mit folgenden Worten. Den 22ten May 1761 Nachmittags um 2 Uhr erblickte mein
Sohn Christoph Heinrich das Licht der Welt. Vielleicht weiß mein Vetter Herr Hauptmann Cumme
wohin diese Bibel nach meines sel. Vaters Ableben gekommen ist; sie war schwarz eingebunden
mit goldnen sehr abgenützten Schnitt und vielen Kupfern; mein sel. Oheim, Carl Christian Lu-
dewig Mecklenburg Schwerinischer Ingenieur Lieutenant bediente sich derselben hernach um mich lesen zu
lehren; ich denke es war eine Nürnberger Edition. - Mein Taufpathe war meines Vaters älterer
Bruder, Christoph Heinrich geheimer Secretär des Prinzen Erbstatthalters von Oranien; von ihm habe
das von ihm selbst gr//a//virte Pettschaft geerbt auf einer Seite mit dem Namens Zuge, auf der andern mit
dem Wappen, deßen ich mich stets in Familiensachen bediene. Etwan 6 Wochen nach meiner Geburt
zogen meine lieben Eltern nach Hoppenrade, einen Herzoglichen Domänengute nicht weit vom Schwerin-
schen See und ungefähr drei Meilen von Schwerin, welches mein Vater auf neun Jahre gepachtet
hatte