doch, wenn ichs mir zueignen wollte, nach beständigen Wiederspruch in
meinem Gewißen; bis ich durch Gottes Gnade und Krafft diesen und jenen
verborgenen Bann, welchen ich auf meinem Hertzen bisher geheget hatte,
wegthat und zu der Barmhertzigkeit Gottes so wie ich mich fühlte meine Zuflucht
nahm. Doch ich muß bekennen, daß ich auch nach der Zeit, nachdem mir
Gott dem Anfange nach Barmhertzigkeit erzeigt hatte, auf einen Abweg gerieth.
Ich hatte Gelegenheit mit einigen frommen Studenten um zu gehen. Wenn
die nun offtmals von Erfahrungs-Sachen und den Führungen Gottes redeten,
so ward anfänglich darüber beschämt, weil ich das noch nicht erfahren hatte, wovon
sie redeten, nachher fieng ich an es zu bekräfftigen und noch mehres aus meiner
Erfahrung, doch mit Unwahrheit, hinzuzufügen. Dadurch ward ich von der
Kraft des Wortes mehr und mehr abgebracht, so daß ich mein Christenthum mehr auf eigne
Gerechtigkeit und Worten als auf Christi Gerechtigkeit und die Krafft des
Blutes Christi gründete. Auch dieses hat der gute Geist Gottes mir nach und
nach entdecket und mich recht tief in die Erkentniß mein selbst und meines
tiefen Verderbens hineingeführet. Er wolle und wird mich darin noch immer
weiter hineinführen, aber auch zugleich meinen Jesum mich immer beßer
kennen lernen, was ich an ihm habe, wie ich ihn recht mir zu Nutze machen
könne, und also sein Gnadenwerck in meiner Selen ferner fortsetzen, damit ich
zu dem Amte, wozu er mich auf Erden zugebrauchen gedencket recht ausge-
rüstet werden möge. Ihm, dem dreieinigen Gott und lieben Vater sey
denn Lob und Preis gesaget, daß er mich nach Halle gebracht, daselbst durch
seinen Geist an meinem Hertzen kräfftig gearbeitet, durch Worte und
Wandel meiner theuren Väter hieselbst mich kräftig zur wahren Gottseligkeit
ermuntert, daß er mir in meinem Studiren treulich beygestanden, daß
er mir Gelegenheit verliehen auf dem Waysenhause zu informiren, daß
er mich auch manchen treuen Freund hat kennen gelernet, daß er mir Gesundheit
bescheret und mit unzehligen andern leiblichen Wohlthaten überschüttet.
Der barmhertzige Vater im Himmel laße dieses liebe Halle noch ferner den
Ort seyn und immer mehr werden, wo sein Feuer und Herd ist, zu dem
Ende begnadige er ferner mehr und mehr die theuren Väter und Lehrer dieser
Universität wie auch alle theuren Vorgesezten des lieben Waysenhauses und
alle deßen Lehrer mit Selen- und Leibes-Kräffte und mit dem Segen vieler, vieler
durch Ihren Dienst gewonnenen Selen. Er erhöre auch Deroselben
Gebeth welches sie etwan thun werden für
Petrus Dame.
Halle d. 17. Sept.
1754