Weimar. 1722. Januar. 25.1
Reiche der Todten in das Reich der Herrlichkeit versetzten
Streiter Jesu Christi: vor die große Treue und kräfftiges
Gebet, welches unabläßig vor dero Hochfürstl. Häuser Seegen
und Beschirmung zu Gott den Allmächtigen abgeschicket
worden, öffentlich in diesen Gottes-Hauß zu dancken
mit versicherung, wann dieses vortrefflichen Mannes Leben //hätte// kön-
nen verlängert werden wolten die solches gerne und willig mit
einem hochansehnlichen Theil Ihrer Fürstlichen Landes Portion
nen erkauffet haben. Itzt gedachten gnädigsten Befehl haben
mit vielen Trauer und Freuden Thränen angehöret, ich gedach-
te an die ermahnung des hocherleuchteten Pauli in den
Briefe an seinen jungen Timotheum, welcher also heißet;
Die ältesten die wohlfürstehen, halte man zweyfacher ehren
werth, ich verwunderte mich, weil wir Heute einen solchen
wohl fürstehenden ältesten begruben, daß solche uhralte er-
mahnung ohne eine neue ermahnung von diesem Hochfürstl.
Hauße gnädigst beobachtet, mit Wehmuth aber geleistet wor-
den. Gelobet sey der Herr, vor dem der Tod seiner Heiligen
werth geachtet ist, daß der erbauliche Todt unsers Hochver-
dienten Herrn General-Superintendentens nicht allein
vor ihn, sondern auch vor Fürsten, gelehrten und ungelehr-
ten, Bürgern und Bauern, ja vielen Tausenden werth geach-
tet worden. Bey einigen Tagen her ist mir sehr lebendig wor-
den die geschichte von den alten Gottseeligen Bischoffe Cle-
ontio, welcher in seinen alten Tagen einsten sein grau-
es Haupt ergriffen, mit den Wortten: Wenn dieser Schnee
schmeltzen wird, als denn wird es kothigt werden, wormit
er angedeutet, wenn seine schneeweißen Haare im Grabe
würden zu Asche werden, dürfften die Gerichte Gottes nicht
mehr weit seyn. Weimar, Weimar, ich befürchte, da der
Schnee die silberfarbne Haare dieses in den Sarge ver-
deckten ehrenwerthen Hauptes angefangen zu schmeltzen und
in der Grufft noch weiter schmeltzen werden, so wird’s in
Weimar, Weimar Kothig werden, und ein Leiden über das Reich
Gottes, ein Theil aber über viel andere die es nicht gedacht
fallen. Warlich das ist nichts geringes, wenn in kurtzer Zeit,
ein rechtschaffener Lehrer über den andern fortgehet, in der
besten Blüte der Jahre da er wohl noch 20 und mehr Jahre hät-
te können gebrauchet werden! Ach aber wir können hier-
bey nichts thun, als daß wir seuffzen und dencken, die Welt
und

  1. von fremder Hand