verhelfen wolte, bewog uns zuletzt ihr die gesuchte Erlaubniß zuzuge-
stehn, welches mich noch, da ich dieses schreibe sehr reuet.
Sie wurde demnach in der obengenanten Familie aufgenommen,
und die HausFrau ließ es sich besonders angelegen sein, sie zu
versorgen, und alles künftige Unglück würde verhütet worden
sein, wenn sie nur wäre am Leben geblieben; aber sie starb
bald einige Monate darauf. Der HausVater konte wegen //seine// mannig-
fältigen Geschäften sich um das Hauswesen nicht viel bekümmern,
daher sein Sohn ein sonst wohlgesitteter Man diese Persohn [in] sein
Hauß aufnahm, und für sie zu sorgen versprach. Hier war sie
aber nicht unter einer solchen genauen Aufsicht, wie erwachsen Mädgen
bei ihren Eltern sein, die keine ihrer Töchter über die Straße alleine
gehen laßen, wenn nicht die Mutter oder der Dienstbothe oder
einer der Verwandten mitgeht. Die hiesige Nation ist größentheils
in Absicht des Wohls ihrer Anverwandten ausnehmend leichtsinnig u.
gleichgültig, die gegenseitige Hülfe, Beistand und Unterstützung
in Kranckheiten oder anderen Unglücksfällen welche in Europa
unter Anverwandten stattfindet, muß mann hier nicht suchen.
Ein Bedauren und kleiner Besitz ist alles was sie sich einander
schuldig zu sein glauben, die thätige Unterstützung aber ist selten,
und leider! auch unter vielen Christen, wenn mann ihnen die
christliche Liebe und andere daraus folgende Pflichten auch noch so ofte
zu Gemüthe führet. Wie ofte habe ich nicht schon die Erfahrung gemacht,
daß Kinder bei den Kranckenbette ihrer Eltern, oder Eheleute
und Verwandten untereinander bei solchen Gelegenheiten ganz
fühloß und unempfindlich sein bis der Todt da ist, wo denn ihr Ge-
schrei und Beklagen desto größer und ausgelaßener ist welches nicht
immer //aus// alzu großer Betrübniß geschieht, sondern nach hiesiger Landes
sitte