Die Arzeney schien anfangs die erwartete Wirckung zu thun, und
sie bekam einige Erleichterung worüber sie Gott lobte und
danckte, aber nur wenige Tage wurden wir in dieser an-
genehmen Hofnung unterhalten, die Kranckheit nahm bald
überhand, so daß sie selbst nunmehro ihren Todt voraus sahe.
Sie konte wegen der Engbrüstigkeit und kurtzem Athem Tag und
Nacht nicht schlafen, sie ließ sich daher von ihren Bruder einen
Schulknaben manches Capitel aus der Bibel, und manchen Ge-
sang vorlesen, und bewieß bei allen Schmertzen eine bewun-
derungswürdige Gedult und Gelaßenheit. Zwei Tage [vo]r
ihren Ende bat sie mich, ihr das heil. A. M. zu reichen, welches ich
ihr dann auch mit vieler Rührung und Erbauung aller Umstehenden
reichte. Sie bezeigte bei dieser Gelegenheit eine solche Reue über
ihre Sünden, einen solchen Glauben in den Verdienst Christi, und
nach den Genuß deßselben eine solche Freudigkeit und Versicherung
der Vergebung ihrer Sünden, betete so herzlich und inbrünstig,
daß ich und die Umstehenden uns der Thränen nicht enthalten
konten. O wie wünschte ich eine solche Erkentniß und Gefühl
ihrer Sünden, eine solche Demuth, Glauben und Hofnung bei allen
denen bemerken zu können, denen ich ofte in Kranckheiten das
heil. A. M. ertheilet habe.
Am Abend deßelbigen Tages besuchte ich sie wieder, wo wir uns
von den Glück derer unterhielten, die zu Christo gelangen
wo keine Versuchung zur Sünde, kein Leiden, kein Schmerz noch irgend
ein Uebel mehr anzutreffen ist. Sie bezeigte eine rechte Begierde
nunmehro bald aufgelößt zu sein, da sie durch den Genuß des
heil. A. M. sich von der Vergebung ihrer Sünden versichere, und
hofnungsvoll in ein beßeres Leben hinüber zu gehe.