Scharschmidt Übersetzung S. 586-587

[586]
Kopie des Briefes von Herrn Ludolf an Herrn Mag. A. H. Francke; London, 7. Februar 1696.
Überaus ehrwürdiger und hochgelehrter Mann, hochgeschätzter Förderer und Freund!
Du wirst es kaum glauben, wie großes Vergnügen mir dein Brief bereitet hat, und die daraus gewonnene Freude wird vollendet sein und für mich zu den größten Tröstungen dieses Lebens zählen,

[587]
wenn Gott dem Anliegen einen erfolgreichen Ausgang schenken und es zur Förderung seiner Ehre hinlenken will. Ich würde ebendies als einen großen Ertrag meiner unternommenen Russlandreise betrachten und künftig in allen Beschwerlichkeiten meinen Geist mit umso größerer Zuversicht stärken. Wenn Scharschmid so begabt ist, wie du schreibst, meine ich, dass er für unser Ziel geeignet ist, und werde nicht zögern, ihn wie aus eigener Erfahrung bekannt zu empfehlen. Sende ihm bitte den beiliegenden Brief zu, der ihm bei meinen Freunden nicht ohne Nutzen sein wird; einige haben mir nämlich einzigartige Zuneigung erwiesen, nicht nur von den Unsrigen, sondern auch von den übrigen. Ich werde demnächst nach Moskau schreiben, um seine Person zu empfehlen, vor einigen Wochen habe ich meinen Freunden die Sache schon allgemein ins Gedächtnis gerufen. Ich wünschte, dass es möglich wäre, den einen oder anderen von Scharschmid zu überbringenden Brief zu siegeln, um ihm einen leichteren Zugang zu eröffnen, denn der Eintritt nach Russland ist für jene beschwerlich, die keine Kaufleute sind und dort keine Freunde haben. Aber wenn er die ersten Schwierigkeiten mit christlicher Tapferkeit überwunden hat, werden die Dinge wider Erwarten nach Wunsch verlaufen. Unterdessen soll er aufgefordert werden, sich von Disputationen fernzuhalten, nicht unvorsichtig antipietistischen Zorn gegen sich zu erregen und nicht aus Parteieifer dem wahren Glauben zu schaden. Die Beschwerlichkeiten aber, die sich anfangs zeigen werden, möge er im Vertrauen auf die Zuverlässigkeit der Hilfe des Allmächtigen und mit unablässigem Blick auf die rühmlichen Belohnungen für Beständigkeit und Treue als gering erachten. Ich weiß nicht, in welchem Teil Livlands das Gut Koikel liegt, wo Scharschmid lebt. Falls es in der Nähe von Reval ist, soll er vorher nach Narva reisen, wo meine Freunde ihm gern helfen werden, besonders Dr. Döhnel, ein frommer und, was eine sehr wichtige Sache ist, mit widrigen Umständen erfahrener Mann. Falls es aber näher bei Riga liegt, wollte ich, dass er Herrn Generalsuperintendent Fischer in meinem Namen grüßt und fragt, ob er meinen im vergangenen Jahr aus Holland geschriebenen Brief erhalten hat, und benachrichtigt, dass ich ihm in den nächsten Tagen über die Dinge schreiben werde, um die er mich in Stockholm bat.

Übersetzung: Thomas Hübner

Zurück