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Sehr willkommen war es mir, als mich vor wenigen Tagen unser Kantor von dir grüßte und erfreuliche Nachricht von dir brachte. Er fragte mich aber zugleich, ob ich deinen Antwortbrief in Moskau noch erhalten habe, den ich jedoch nicht zu Gesicht bekam. Und auch Herr Prof. Dau und andere Freunde in dieser Gegend haben mir dorthin einen Brief geschickt, doch ist mir nichts davon zugestellt worden. Gewiss frage ich mich, wie es dazu gekommen ist, dass dieser Brief, der wunschgemäß zu mir gelangt wäre, sich so nutzlos in Wind aufgelöst hat. Das führt dazu, dass du künftig mit nicht so freier (was einen Brief sonst auszeichnet), sondern ängstlicher Feder schreibst, obwohl sich doch jeder, der von Gott mit Glauben erfüllt ist, sowohl beim Reden als auch beim Schreiben davor hütet, das Gewissen zu verletzen. Zu deinem Wechsel, bester Mann, mit dem du aus dem Schulstaub heraustreten und in die Universitäts- und, wie man dort zu tun pflegt, Disputationsarena einsteigen wirst, beglückwünsche ich dich herzlich, und ich bitte die höchste Macht Gottes darum, dass dieser Wechsel nicht gefährlich, sondern vielmehr auf vielfache Weise heilbringend ist und dass dadurch die Ehre des Höchsten, das Gemeinwohl und dein eigenes Heil reichlich gefördert wird. Die Unbeständigkeit und das gegenwärtige Aussehen meiner Lage hast du ohne Zweifel von anderen vernommen. Es steht so, dass ich noch nicht sicher bin, ob ich hier als Pastor tätig werde, wie die allermeisten in dieser Bürgerschaft es wünschen, oder nicht. Ich habe bisher getan, was meine Dienstpflicht mir aufgetragen hat und was ich nicht anders beurteilen konnte, als dass der göttliche Wille es so fordert. Würde dieser sich mir anders zu erkennen geben und ersichtlich zeigen, würde ich mich ihm jedenfalls nicht entziehen, sondern "über das Meer, durch Indien, wohin auch immer mich" Gott ziehen und zurückziehen würde, unter dem Beistand seiner Gnade folgen. Herr Dr. Blumentrost drängt mich auf jede Weise, dieses Warten abzubrechen und zu ihm zurückzukehren und zu eilen, was vielleicht auch geschehen würde, wenn ich nicht mehr dabei festgehalten würde, den Verlauf und Ausgang dieser Angelegenheit zu erfahren. Am vergangenen Mittwoch, in der Mitte dieser großen Woche, war ich, wie ich mir gut gemerkt habe, zum ersten Mal vor dem Konsistorium, wo der Herr Superintendent fragte: Ob ich mit gutem Gewissen dieses kirchliche Amt zu übernehmen wage, obwohl sich einige von den Bürgern mit einer Bittschrift dagegen gewandt haben und zu befürchten sei, dass größere Unruhen erregt werden? Ich antwortete, dass ich hergekommen sei, nachdem ich von dieser Gemeinde über längere Zeit hin auf verschiedene Weisen dazu aufgefordert worden war, und nun an diesem Ort anwesend nichts anderes tun werde als mich rein passiv zu verhalten. Herr Mag. Helwig beklagte, dass jetzt schon Spaltungen unter den Bürgern entstehen, und [fragte]: Wären diese nicht zu erwarten, wenn meine Sache Erfolg hätte, wie sie es so voll Unruhe wünschen? Ich antwortete, dass mir keine Spaltungen bekannt seien. Wenn aber irgendwelche entstanden wären, sei ich dafür dennoch nicht verantwortlich. Mag. Herbers entgegnete, dass einige, die auf meiner Seite stehen, damit drohten, die Sache mit aller Gewalt und allen Gaben zu verwirklichen; mit was für einem Gewissen könnte dann jemand seinen Dienst verrichten? Dazu schwieg ich ein Weilchen.

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Als er dies aber weiter ausbaute, antwortete ich: Wenn also jemand auch auf diese Art, auf so unrechtmäßigem Wege vorzugehen und sich mit jener Sünde zu beflecken wagen würde, läge bei mir, der ich ihn überhaupt nicht kenne, dennoch keine Schuld usw. Und so ließen sie mich gehen. Es heißt, dass inzwischen auch Bürger, Senat und Soldat mit Schriftstücken beim Konsistorium eindringlich für mich streiten. Ich vertraue die ganze Sache Gott an. – –

Übersetzung: Thomas Hübner

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