Die Häuser werden hier sehr depreciiret, welches man
auf die gewaltsamen werbungen giebet, u. daß um
deswillen keine Leute sich mehr, wie sonst geschehen,
ins Land ziehen. Das mir recommendirte Gebet in
dem punct recommendire ich auch andern, weil ich
glaube, daß uns Gott dennoch erhören und es än-
dern wird. Ich habe mich bey einem Francosen,
der die agitations versammlungen selber mit besuchet,
erkundiget, wie viel derer sind, die agitationes
haben; er antwortete: une huitaine; ich sagete:
nicht mehr? er sagte nein. Ich ließ mir sie auch
nennen, so war kein einiger student drunter
als Pott von Halberstadt Stud. Medicinae, der
vormals hier arretiret gewesen, der aber kein hie-
siger studiosus ist, sondern ohn Zweiffel der dinge wegen
nur herunter kommen. Ich versichere nach aller wahrheit,
daß mir der gantze coetus unser Studiosorum in der Sache
folget, wie ich sie in lectionibus paraeneticis noch immer
fortfahre davon zu informiren, und sehen sie sich nicht nach
diesen dingen um, da sie hingegen desto stärcker nun die lectiones
paraeneticas frequentiren. Gedachter franços sagte mir auch ge-
wiß, daß sie sich gar nicht mehr versammlen, weil ihnen befohlen, sich
in die Stille zu begeben. Also wird sich allem ansehen nach die Sache
selbst schlaffen legen, wenn man nur kein Lerm machet.
 
[Am linken Seitenrand:]
Nun ich den famulum paedag. abgedancket, und 2 Studenten, die die assembleen
mit besuchet vom Waysenh. dimittiret, die auch gar weggezogen sind, so ist nun gar kein einiger
mensch mehr von meinen leuten, der den agitationen beywohne. hoc certum.
 

Abgedruckt in: Der Briefwechsel Carl Hildebrand von Cansteins mit August Hermann Francke. Hg. von Peter Schicketanz. Berlin [u.a.], de Gruyter, 1972 (= Texte zur Geschichte des Pietismus, 3, 1), S. 640-641.