Mein theurester Vater in Christo,
Ich hoffe mein jüngstes samt einlagen in höchster Eyl geschrieben, werde wol
überkommen seyn. Solte die Fr. Schwartzin noch da seyn, bitte ihr diese Einlage
zuzustellen, wo nicht, es doch cito an sie gelangen zu laßen. Der halberstädtischen
Sache halber kan ich traun nicht sehr bekümmert seyn, ob ichs wol im Gebet dem
Herrn befehle. Es muß ja doch endlich alles den Kindern Gottes zum besten dienen;
solten es auch einige in modo versehen haben, ja der Satanas selbst Unkraut
säen, so muß es dennoch zu mehrer verherrlichung des Namens Gottes und
Christi selbst in seinen geliebten Gliedern dienen. Gott ist ja warhafftig einmahl
auffgestanden, und wer will es ihm wehren, sein werck auszuführen. Hat er
uns aber zu Haußhaltern gesetzet, sollen wir nur treu seyn, das übrige ihm be-
fehlen, und sanfft schlaffen. Von Erffurt wird mir wieder etwas sonderliches
von 3 mir bekannten frommen hertzen gemeldet, da der einen bewegungen fast der
Jahnin ihren, (doch nicht so wunderlich) gleichen sollen. Wahr ist es ja, daß wir
in einer höchst gefährlichen zeit leben, und daß der Satan als ein brüllender
Löwe, reißender wolff, und listiger Fuchs, neml. unter allerley Gestalt
allenthalben herumgehe, und suche welchen er verschlinge! Aber die
Einfältigen die dem Herrn treu sind in der Liebe, werden wol behütet werden,
ob wol mit verfolgung. Hiemit der Gnade Gottes empfholen, verharre
Meines theuresten Vaters
Gehorsamster Sohn
M. Aug. Hermann Francke.
Glauche an Halle d. 14. Jan. 1693.