die er dencket, einem angenehm zu sein; daher es schwer wird zu erkennen
sein, wenn man ihm trauen dörffe. (3) ist er zum andermal zum Pabst-
thum kommen, und hat dabei, nach seiner eigenen Erzehlung gräulich ge-
heuchelt; wer wil sagen, daß er nicht um beforderung willen bei uns der-
gleichen thue? (4) spricht er, er sei ultro von Eisenach weggegangen, aber
hier haben Eisenacher das contrarium gesaget. Was mag dem wohl
die rechte ursache sein. Und macht er sich sein Gewißen, die unwahrheit
zu sagen, wie weiß mans, wenn er die wahrheit redet. (5) Er spricht,
er habe im Siebenbürgen gehen wollen um da unbekant u. verborgen zu
sein. Das kommt einem verdächtig für, denn Siebenb. ist ja unter dem
Kayser; so muste er auch durch catholische Lande kommen. Worauß
scheinen wil, er sei studio wieder ins Pabthum gegangen, mulier aber
habe ihn zum andernmal bei uns ans Land getrieben. (6) Er brauchet
große titel und Lobsprüche, die er einem ins angesicht saget; solchen
pflege ich immer am wenigsten zu trauen. Doch möchte dis etwa leicht
entschuldiget werden. (7) Das schlimmste ist, daß principium valde im-
purum ihn erst aus dem Pabsthum gebracht, welches hier schon einige
wißen und mir erzehlet, da er es doch jeinen 15 jährigen Gewißen-scrupeln
zuschreibet. Bei dem allen habe ich den sichersten Weg mit ihm erwehlet
und habe ihnt einfältig gesaget, daß ich noch keine rechte conversionem
cordis bei ihm finde und was dazu gehöre. Er begreifft eine Sache
wohl, aber desto leichter kan er nun auch das negotium verae con-
versionis natürlich sagen, und indeßen außer dem rechten Buß- und
Glaubenskampf bleiben; oder dencken, er sei stur damit fertig. Vielleicht
thut Gott auch mehr, als wir verstehen und bekehret ihn beßer, als noch
zur Zeit die apparentz dazu ist. Gott verleihe Ew. Gn. Weißheit, ihn
wohl zu faßen zu seinem Heil. Ich verharre Ew. Hochgräfl. Gn.
Gebetschuldigster u. unterthänigster
A. H. Francke.
 

Abgedruckt in: Schmidt, Berthold, Meusel, Otto (Hrsg.): A. H. Franckes Briefe an den Grafen Heinrich XXIV. j.L. Reuß zu Köstritz und seine Gemahlin Eleonore aus den Jahren 1704 bis 1727 als Beitrag zur Geschichte des Pietismus. Leipzig 1905, S. 24-25.