Seite
 



Hochgeborner Graf,
Gnädigster Graf und Herr,
Ew. Hochgr. Gn. schreibe ich dieses nur, weil die Herren Grafen
von Kirchberg mir gesaget, daß sie nach Köstritz reisen und gern was
mitnehmen und ausrichten wolten. Ich wünsche, daß diese jungen Herrn,
die sich hier wohl verhalten, zu ihrer guten Erbauung nicht allein das
Osterfest halten mögen, sondern daß Ihnen Gott auch ein rechtes Pfingst-
fest durch die Verleyhung des heiligen Geistes und Ausgießung der Liebe
Gottes in Ihre Hertzen daraus machen möge. Gestern hat mir Gott
auch wieder eine Tochter in unser Stifft gegeben, ein junges Fräulein v. Grieß-
heim, deren Eltern zu Frohndorf nicht weit von Erffurth wohnen. Sie
ist hungrig und durstig nach allem guten. Gott erhalte sie bey solchem
Hunger, so wird Sie zu seiner Zeit recht gesättiget werden. Mit Gottes
Hilffe gedencke ich in der Oster-Meße meine lectiones publicas wieder
anzufangen, wenns fein Märzwetter seyn wird, und verharre mit unter-
thänigster Ergebenheit Ew. HochGr. Gn. und Dero theuresten Frau Ge-
mahlin und ganz Köstritz mit allen pertinentien
beständiger eifriger Vorbitter
A. H. Francke.
Halle den 9ten Apr.
1727.
 

Abgedruckt in: Schmidt, Berthold, Meusel, Otto (Hrsg.): A. H. Franckes Briefe an den Grafen Heinrich XXIV. j.L. Reuß zu Köstritz und seine Gemahlin Eleonore aus den Jahren 1704 bis 1727 als Beitrag zur Geschichte des Pietismus. Leipzig 1905, S. 144.