Hertzliebstes Kind, Ulm den 23ten
Xbr: 1717.
Zu meinem bey der jüngsten Post an dich abge-
laßenen füge ich noch dieses. Was dieser tage
zu Blaubeuren, da mich der alte Praelat wie eine
Braut ihren Bräutigam empfangen, für eine
Bewegung in den Gemüthern entstanden, wirst du
aus der Beylage zum theil vernehmen. Die Frau
Verwalterin, davon in den unterstrichenen Worten ge-
dacht wird, setzte sich bei den tisch als eine Person,
die die geistl. Gespräche nichts angingen; da ich
aber anfinge die zarte Liebe Christi gegen die
Seelen zu preisen, fing sie bald an die thränen
aus den Augen zu wischen, u. ward sehr auf-
mercksam; woraus denn die Rede derselben, davon
in der beylage gedacht wird, herkommen. Ich
werde nun eilen, so viel ich kan, daß wir uns bald
wieder sehen; bin noch gesund u. frisch. Wegen der Rei-
se durchs Vogtland wil an den Herrn Gr. ein paar Zeilen
schreiben. Sey nun getrost u. freudig im HErrn. Adieu.
A.H. Francke
 
[Text vertikal am linken Seitenrand]
 
Einen herzl. Gruß an alle bekannten sonderl. am tisch
u. im Hause.