Denn ich schreibe ja nicht alß einer der über unrecht seufzet, sondern den die
Liebe Christi dringet also zu schreiben, darum weil ich sie alle in meinem
Herzen lieb habe, u. auf den todtbette von Ihrem Sel. Liebsten ersuchet bin, die
Seinigen in meinem Gebeth zubehalten. Das Gebeth daucht aber nicht,
so es ohne Liebe. Die Liebe aber läßt ihr sagen, u. saget andern die warheit
u. warnet andere für schaden. Sage ich oder schreibe etwas zu scharf,
so prüfen sie es doch vorher wohl, ehe sie mich ungnädig ansehen. Ich
habe sie wohl eher mit der warheit böse gemacht, aber sie sind mir doch
wieder gut worden, u. haben ihr angesicht nicht lange können im Zorn Ver-
stellen, sondern ich habe darauf doch wohl wieder müßen wilkommen sein.
In eine wunde muß man nicht blos öhl gießen, sondern auch wein.
Dieser aber beißt. Gottes wort ist lebendig u. kräftig u. schärfer denn
kein zweischneidig schwert, u. durchdringet bis daß scheidet Seel u. Geist,
auch marck u. bein Hebr. 4,12. Ich gehe mit Gottes wort um u. stelle
seinen willen vor, u. darum schreibe u. rede ich getrost, scheue mich auch
nicht meine briefe u. reden, so ich mit Ihr u. Ihrem Sel. Liebsten geführet,
u. was Sie zu mir gesprochen, vor andern, ja vor den augen der ganzen
Christenheit zu legen. Wer arges thut, der p Joh. 3,20.21. Da mich
J. C. von dieser gegen wärtigen argen welt nach dem willen Gottes u.
Uns. Vaters errettet, so wird mich ewig bewahren, daß ich nicht etwas
arges wieder Sie solte gedencken noch vornehmen. Denn wer von
Gott gebohren ist, der bewahret sich, u. der arge wird ihn nicht antasten
1. J. 5,18. Wer nur arges gedencket in seinem Herzen, ist schon sünde, ge-
schweige wer solches schreibet; redet u. weiter bringet. Darum spricht
der Herr Zebaoth beim Proph. Zachar. 7,9.10. Richtet recht u. ein iegl.
beweise an seinem Bruder güte u. barmherzigkeit. Und thut nicht
unrecht den witben, waisen, frembdlingen u. armen, u. dencke keiner
wieder seinen Bruder etwas arges in seinem Herzen. So sei es
denn ferne, daß ich ein wort solte reden oder schreiben Sie zu entrüßten,
sondern ich trachte vielmehr durch den Geist der sanftmuth J. C. in allen
stückken solcher gestalt gelindigkeit zu gebrauchen, daß sie andern kun[d]
werde, damit sie hören u. sehen, wie man den weg mit Christo verlobe[t,]
vermählet u. vereiniget zu werden müße einher gehen; die Liebe des Va-
ters betrachten; des Sohnes Freundl.k. anschauen, u. durch deßen Geist
eine kindl. Zuversicht gewinnen, u. in stiller gelaßenheit mit allen zufrieden se[in]