Weimar. 1722. Januar. 25.1
geführet, daß aber ist Stadt bekanndt, daß er Geld und Goldt
vor Dreck und Bettel geachtet, ja wenn Gott die prüfung über
ihn verhangen, wohl sein Amt um Heuschrecken und wild Honig,
das ist um Waßer und Brod willigst ausgerichtet, mit was sel-
tener Demuth und wohlanständiger Leutseeligkeit er vornehmen
und geringen begegnet, wissen die welche seinen genauen Um-
gang genoßen mit herrlichen Proben zu beweisen. Nichts we-
niger hat bey ihm gegolten, als das ansehen der Person, Er war
ein heller Spiegel der ohne Schmeicheley und Heucheley die Flecken
vorstellete, über welchen die Worte zu schreiben omnibus
omnia, allen alles. Was vor einen vortrefflichen Beter
unsere Stadt an ihm genoßen, und an ihn verlohren, werden wir
künfftig noch erfahren. Denn daran ist gar nicht zu dencken, daß
ein solcher Mann, ein solcher großer Creutzträger, dem Leiden
und Trübsahl manch graues Haar auf seinen Ehrenwerthen Haupte
gepflantzet, ohne Seyffzer ohne Thränen und ohne für bitten solte
gewesen seyn. Noth lehret beten. Alß Preßlau seinen treuen Neu-
mann, dessen Kern aller Gebethe ein öffentliches Kennzeichen
eines großen Beters seyn kann, durch den Todt einbüssete
führeten die Bürger in der Stadt einmüthiglich diese Klage: Preß-
lau hätte einen großen Beter verlohren. Wenn andere Leute des
Nachts im Bette geschnarchet, hätte dieser in seinen Studier Stüb-
lein im Winckel Hertz und Hände zu Gott aufgehoben, manches
Weh hinweg, und manches Weh hinweg - und manches wohl her-
bey gebetet. Es wird nicht übel getroffen seyn, wenn gleich die
Bürger unserer Stadt auf diese gerechte Klage führeten. Weimar
hat an Herrn Dr. Doctor Treunern einen grosen Beter verlohren, wel-
chen es in viel betrübten Fällen künfftig wird wiederwünsch-
en. Gleich ietzo höre ich einen wichtigen Einwurff, mit diesem
Beyfall begleitet: Du redest die bittere Wahrheit, vergissest
aber daß der Eifer dieses Mannes manchmahl allzuungestüm
manchmahl mehr einen feindseeligen Zorne, als Göttl. Eifer ähn-
lich gewesen. Solte Herr Doctor Treuner ietzo aus diesem
Sarge aufwachen und an meiner Stelle sich entschuldigen, wür-
de er diese Antwort geben: Bin ich doch nicht Christus, bin ich doch
nur ein armer schwacher strauchlender Mensch gewesen, habe
ich zuviel gethan, so habe ich es Gott gethan, rücke mir meine Mensch-
liche Fehler nicht auf, sie sind in den Blute des Lammes lange ab-
gewaschen, und in diesen rothen Meer versuncken, damit ich aber
nicht leer ausgehe, will ich aus guter Meynung der Splitterrichter p.
Welt antwortten mit versicherung, wenn tadeln gelten solte,
sol-

  1. von fremder Hand