Pr. 17. Jul. 20
EbenEzer
den 28. Febr.
1820
Hochwürdiger Herr Doctor und ConsistorialRath!
 
An Ew. Hochwürd. noch einmal zu schreiben hielt ich für meine Pflicht, da meine LebensZeit verstreicht, und da ich
gern alles in Ordnung bringen möchte, ehe ich heimgehe. Es ist manches in Georgien geschehen, das
zur Aufmercksamkeit und Nachdencken erweckt. Den 29. Dec. ward Abends gegen 11 Uhr der
ehrwürdige Dr. Henry Kollock an einen Schlagfluß aus der Zeit in die Ewigkeit versetzt. Sein würcksames
Leben endigte sich zu der Zeit, da man seines Raths besonders bedurfte. Für die gute Sache des Christenthums und die
Independent Presbyterianer Gemeine war sein Hinscheiden ein sehr groser Verlust. Am letzten Tage des verflosse-
nen Jahres ward seine Leibeshülle sehr feyerlich zur Ruhestätte begleitet. Fast die gantze Stadt, die jetzt 12,000
Einwohner hat, war in tiefer Trauer. Alle Storehäuser und Kaufmannsladen musten geschlossen, und alle
öffentliche Geschäfte unterlassen werden. Der Mayor der Stadt T. U. P. Charlton gab ein kurtzes Proclam
aus, in welchem er die Einwohner der Stadt ersuchte, die Leiche eines Mannes zu begleiten, der als eine Zierde der
menschlichen Gesellschaft, sich durch seine Talente und HertzensGüte vorzüglich ausgezeichnet hätte, man müste nicht
unterlassen seinen erhabenen Charackter allen Respeckt zu erweisen. Durch seinen Todt hätte die Communität ein
so ausgezeichnetes Glied verlohren, daß die dadurch verursachte Lücke nicht so bald wieder auszufüllen wäre.
Seitdem Savannah steth, ist wohl nie eine solche zahlreiche LeichenBegleitung gesehen worden.
Die Geistlichkeit gieng voran, dann folgten die Sargträger, die trauernde Familie, dann die Trustees und Glieder
der Kirche, der StadtMayor die Aldermen oder Herren des StadtRaths und öffentlichen Beamten, die medici-
nische Societät, die OberRichter und Beamten der Circuit Court, die OberRichter und Beamten (officers) der Superior
Court, die Rechtsgelehrten, die Trustees der Chatham Academia, der Union Societät des Female Asylums, und
der Freyschule, endlich schlossen die Bürger und Einwohner der Stadt und die Fremden welche sich in Savannah aufhielten,
den Leichenzug.
Ob ich gleich nicht zugegen war, und wegen meiner Umstände nicht seyn konnte, und es mir nicht gebührt
diesen so feyerlichen Zug zu beurtheilen, denn in einigen Stundten war er geendigt. So muß ich doch aufrichtig gestehen,
daß der im HErrn entschlaffene Dr. Kollock ein Mann von ruhmvollen Eigenschaften war. Er war herablaßend, lieb-
reich von edlen Grundsätzen ein pracktischer ChristenthumsLehrer, entfernt von allem Partheygeist. Weil er grosen
Einfluß hatte, so war er ein thätiger Beförderer aller wohlthätigen Anstalten, der Mission, Bibel und TracktatGe-
sellschaften, auch wurde durch seine Vermittlung in Savannah eine Bibliothek errichtet, der er bald als Präsident bald
als VicePräsident vorstandt. Als correspondirendes Mitglied der Bibelgesellschaft, ist sein Name auch in Engelland
bekannt, ja er unternahm sogar eine Reise 1817 im Frühjahr nach Engelland, sahe auch Schottland und Franckreich, wo er
es in Paris 3 Wochen aufhielt, wo es ihm nicht gefiel. Im Herbst kehrte er wieder nach Georgien zurück mit groser
LebensGefahr wegen eines überaus heftigen SeeSturms. In London ward er von dem berühmten Wilberforce lieb-
reich eingeladen, und dessen besonderer Freundschaft gewürdigt. In den Magazin für die neueste Geschichte der
protestantischen Mission und Bibelgesellschaften ist ein Schreiben von dem nun ruhenden Dr. Kollock aus den engli-
schen übersetzt zu lesen. Kein Prediger von einer anderen Denomination hat sich so freundschaftlich gegen mich
bewiesen. Doch muß ich gestehen, daß die PresbyterianerPrediger mir alle liebreich begegneten, wenn manche von den
Lutherischen mit den Presbyterianern zum Heiligen Abendmahl gehen wollten, ließen sie mich darum fragen; sogar der vor
einigen Jahren in Augusta verstorbene Dr. Thomson.