EbenEzer in Georgien den 4 Januar. 1750
 
Hochwürdiger und Hochgelahrter
In Christo Werthgeschätzter HErr Doctor
 
Es hat mir der barmhertzige Gott vor und nach den Feyertagen sehr viel Gutes, sonder-
lich an meiner Seelen aus denen in Halle gehaltenen schönen Vorbereitungs Predigten
gethan, und mich durch den reichen Trost des Evangelii, den er mir auch unter dem vor-
trage deßelben, mercklich geschenckt, zum neuen Ernst im Christenthum und Amte, er-
weckt, wofür ich seine Güte hertzlich preise. Unter dieser Erweckung hat es unserm weisen
und guten Gott gefallen mich in meinem Gemüthe theils über gewiße Unlauterkeiten
theils aber über gewiße äuserliche Umstände in der Gemeine, die ich gern verbeßert
sähe, und doch fast unübersteigliche Berge der Hindermiße vor mir sehe, etwas em-
pfindlich an zu greiffen. Als ich nun gestern Abend nach gethaner Arbeit nach meiner Ge-
wohnheit in den mir so werthen und nützlichen Colleg. Pastor. des seeligen Herrn Prof.
Francken, über B. Hartam. Pastorale Evang. Die gründliche und erbauliche Vorstellung
des Officii Consolatoris, zu meiner Belehrung und Tröstung laß, fügte er es, daß mir
noch in diesem späten Abend ein Paquet Briefe aus Europa von unserer Mühle herein-
gebracht wurde, darunter auch Ew. Hochwürden sehr angenehmes Schreiben vom 6 Aug.
a. p. befindlich, welches der liebreiche Gott zu einem geseegneten Mittel gebraucht
mich nicht nur in meiner gegenwärtigen Beklämmung auf zurichten, sondern mich auch
der vielen Proben seines Beystandes und seiner Hülffe, die er mir in den
Beyden verstrichenen Jahren erwiesen, kräfftig zu erinnern, Gelobet sey die ewi-
ge Treue, Weißheit und Vorsorge des Herrn! Ew. Hochwürden haben auf einmahl ver-
schiedene meiner geringen Briefe beantwortet, und ob wol der vom 23. Novembr. 1748
nicht angekommen, so hoffe doch, es werde Copia deßelben, welche ich mit einem Brief vom
30 Nov. a. p. eingeschickt, zu rechter Zeit einlauffen. Ich halte mich zwar für unwürdig
an unsern theuresten Doctorem zu schreiben, und von Ihnen drauf Antwort zu bekommen,
weil mir es aber so gut wird, so dancke Gott dafür, und nehme es für eine große
Wohlthat an, die mir in Wahrheit durch Gottes Seegen zu einer großen Wohlthat wird, so offt
ich ein Schreiben von Ihren Väterlichen Händen empfange. Jetzt freuet sich mein Hertz
vornehmlich darüber, daß Gott unser armes Gebet bisher erhöret, und seine theure
Knechte, den Werthen HErrn Sen. Urlsperger, HErr HoffPrediger Ziegenhagen, und
HErr Albinum, und zugleich Ew. Hochwürden bisher im Leben erhalten, und die wan-
ckende Gesundheit gestärcket hat. Wir preisen seine Güte dafür mit Freuden, und
ruffen ihn an, seinen Knechten Gnädig zu seyn, und dieselben uns und seiner
 
HErr Doctor Francke