pstas. Berlin den 18.ten Oct. 1735.
 
Mein in Christo werthgeschäzter Herr Vetter,
 
Die Nachricht von ihrem und der lieben ihrigen leib-
lichen und geistlichen Wohlergehen ist mir in ihrem
angenehmen Schreiben vom 30ten Nov. st. n. vorigen
Jahres sehr erfreulich gewesen. Der liebe Gott laße
ihnen ferner viele Proben seiner unaussprechlichen
Liebe, die Er in Christo dem Geliebten zu allen Men-
schen, und sonderlich zu seinen lieben Kindern trä-
get, offenbahr werden, daß Sie an ihrem und ich
an unsern Orte seine Wunder verherrlichen
mögen. Ich an meinem Theil muß es zum
Preise Gottes bekennen, daß Er an mir bisher
auch in diesem frembden Lande großes gethan
habe. Die beständige Leibes-Gesundheit, die ich
bisher gehabt, ist eine sehr große Wohlthat des himm-
lischen Vaters; Aber die Gnade die er mir in mein-
nem eigenen Christenthum, und in meiner lie-
ben Gemeinde schencket, ist so überschwenglich,
daß es mir an Worten fehlet, davon eine hin-
längliche Vorstellung zu machen. Die Erkänt-
niß dieser über mich waltenden göttlichen Güthe
hat mein Hertz so gefeßelt daß ich gern alle
meine Leibes- und Seelen Kräffte, und alle Augen-
blicke meines Lebens, zur Ehre meines Schöpfers,
Heylandes und Erbarmers aufopfern wolte.
Der liebe Gott hat mich zu einer Gemeinde kom-
men laßen in welcher ich Gelegenheit habe, mei-
ne Kräffte nicht vergeblich zu verzehren, sondern
nach dem Willen Gottes wohl anzulegen; und
genieße ich dagegen von einem jeglichen Zuhörer
solche Liebe, deren ich mich gantz unwerth achte,
dem lieben Gott aber darüber inniglich preise.